Schlagwort: Internet

  • Ein Haus wird mit harten Anschuldigungen konfrontiert

    Ein Haus wird mit harten Anschuldigungen konfrontiert

    Ein Trauerspiel, was dem Tietz im Moment widerfährt. Erst kam die Meldung, das WLAN müsste abgeschaltet und die Türen fester verriegelt werden, dann folgt die Information, es gäbe dort mutmaßlich einen Drogenring und Prostitution. Nach Gesprächen mit Händlern und Mitarbeitern im Tietz ist das aber alles sehr hoch gegriffen und die Reaktionen teils deutlich überzogen. Ich habe mitunter auch stark reagiert und deswegen auch gern Gesprächsangebote angenommen, weil mir das Haus auch am Herzen liegt.

    Beispielsweise ist der einzige „Beweis“ für Drogenhandel, dass die Spürhunde auf der Toilette des Hauses anschlugen. Das tun sie aber auch in den Toiletten des Deutschen Bundestages. Dabei hätte es sich, genau wie im Bundestag, um Reste von Koks oder Crystal handeln können, die ein exzentrischer Künstler oder Reisender zu sich nimmt, ohne Jemand anderen zu gefährden. Trotzdem verboten, ja, aber noch lange kein Grund für die Abriegelung eines öffentlichen Gebäudes. Selbst wenn ein Händler aufgegriffen worden wäre, wär das wohl noch immer kein Indiz für einen Ring oder einen Crime-Hotspot in einer Stadt.

    Dann ist von Prostitution die Rede. Dafür bekam man gleich gar keine Beweise oder Indizien genannt. Daher kann ich nur davon ausgehen, dass die Polizisten mit Jugendlichen, die sich z.B. per Tinder verabreden und dann auf dem Klo verschwinden, schon völlig überfordert sind. Mein Indiz dafür ist, dass man den WLAN-Provider, den Freifunk Chemnitz e.V., weder nach Vorratsdaten fragte, noch überhaupt informierte, dass da vielleicht etwas nicht mit rechten Dingen zu geht. Da hab ich gleich ein Bild von einem älteren, schnauzbärtigen, kräftigen Polizeichef vor mir (Nichts für Ungut Herr Reißmann), welcher Leitung und Haustechnik etwas zumurmelt, dass nach „Nu, das machense besser aus“ klingt.

    Es gibt insbesondere Drogenhandel auf den Toiletten[…]

    – Miko Runkel, in der Stadtratssitzung vom 07.12.2016

    Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass die Maßnahmen, wie etwa höhere Präsenz von Sicherheitskräften und rigoroser Türschließpolitik, zu einer positiven Veränderung geführt haben, aber hier tötet man den Ruf eines Hauses und folgt meiner Meinung nach völlig weltfremden Empfehlungen. Und ein Herr Runkel hinterfragt das Ganze nicht einmal.


  • Und auf einmal war die Kultur wieder analog …

    Und auf einmal war die Kultur wieder analog …

    Es ist Dienstag, der 22. November 2016. Im Tietz sitzen Jugendliche, Personal und Menschen die ihre Pause, ihren Feierabend, ein Buch oder einfach Einander genießen wollen im stadteigenen Kulturkaufhaus. Plötzlich geht um 16Uhr das Internet aus. 160 Menschen sind zu diesem Zeitpunkt im freien WLAN eingeloggt gewesen. Was ist da los?

    Die Stadtverwaltung hat entschieden, dass das freie WLAN die Kultur im Kaufhaus störe. Es wären zu viele junge Störenfriede im Haus. Und man macht in Zukunft besser auch eher zu und befragt die Leute, wo sie eigentlich hin wollen. Sag mal, was läuft bei denen eigentlich nicht mehr ganz rund?

    Statt sich zu freuen, dass sich die Jugend in dieses an sonsten oft wie ausgestorben wirkende Gebäude verirrt und man am Treffpunkt feilt, macht man die Türen virtuell wie reell doch besser zu. Aber das ist nicht mein Kulturkaufhaus. In einem Kulturkaufhaus muss es ein lautes Treiben geben, darf im Grunde immer Musik spielen und die Menschen müssen dort den Chemnitzer treffen. Das darf kein Ort von snobistischer „Hochkultur“ und Abriegelung sein. Dazu ist das noch ein Schlag ins Gesicht der Chemnitzer Freifunker, die im Stadtgebiet ihr Netz verteilen wollen. Das Tietz war ihr Vorzeigeknoten und es wird hart daran gearbeitet, damit er Gesellschaft im Zentrum bekommt. Und im Ernst, wer das Internet aus seinem Kulturkaufhaus aussperrt, verliert damit doch jeden Bezug zur heutigen Zeit …


  • Der Macbookarbeitsplatz und die Generation Y: Eine Skizze

    Der Macbookarbeitsplatz und die Generation Y: Eine Skizze

    Achtung! Was folgt ist mehr als Kunst und lose Gedanken zu verstehen.


     

    Es ist doch eigentlich ganz einfach!
    Wir wollen keine festen Arbeitszeiten von 9 bis 17Uhr, aber planbare Freizeit.
    Wir wollen Zuhause und Berufsleben klar trennen können, aber nicht in die ‚Firma‘ fahren.
    Wir wollen viele nette Kollegen mit denen wir kooperieren, aber keine Blicke über die Schulter.
    Wir wollen unseren Arbeitsplatz gestalten, mieten uns aber in Coworkingspaces ein.
    Wir sind immer online, aber ungern für irgendeinen Chef erreichbar.

    Und wenn man all Dies schafft, ist man vermutlich prekärer Selbstausbeuter in der Kreativbranche, der von einem Rentenanspruch nur träumen kann, hat das hippe eierlegende Wollmilchsau-Startup gefunden oder hat eine gute Quelle für Ritalin.

    Natürlich treffen diese Wünsche nicht auf alle Mitglieder meiner Generation zu, aber es skizziert einen glamourösen Lebensstil zwischen MacBook, unbehandeltem Holz, ausgefallenen Koffeingetränken und guter Laune. Aber es wird glaube ich klar, was da vor sich geht. Vieles davon ist von einem instinktiven Abwenden von einer gefühlt überholten Arbeitswelt geprägt. Von einem Drang, einer uniformen Leistungsgesellschaft mit falschen Prioritäten zu entkommen. Und viel zu oft endet das in Burnouts, Depressionen oder anderen Verhaltensauffälligkeiten.


  • Man rückt mit Panzern in meinen Lebensraum ein

    Man rückt mit Panzern in meinen Lebensraum ein

    … und ich kann nichts dagegen tun. Heute war mal wieder ein spannender Tag für das Internet. DynDNS war Ziel einer DDOS-Attacke, die den Domainauflösungsdienst großflächig zum Absturz brachte. Im Grunde ist das keine große Sache. Dienste die intern ihre Server ohne Domain anwählen waren gar nicht betroffen und die Dienste hinter Domains waren nicht etwa zerstört oder beeinträchtigt. Metaphorisch gesprochen hat einfach nur eine findige Gruppe von Hackern oder auch Bots die Straßenschilder auf der Datenautobahn versteckt, sodass alle ohne Ortskenntnis völlig die Orientierung verloren. Das betrifft dann vor allem die großen Portale, weil die auch die meisten User ins Internet locken.

    Betroffen hat mich das nicht wirklich. Den Ausfall auf Twitter bekam ich gar nicht mit, außer das ich mich am Nachmittag mal neu einloggen musste und Netflix verwendet intern keine Domains. Also war alles in Ordnung für meinen Alltag. Die Hacker nutzen die betroffenen Dienste vermutlich auch nicht wirklich, daher kommen sie sich sicherlich wie Wölfe vor, die einer Herde Schafe mal vorführt, wer hier eigentlich das tägliche Leben gestaltet. Aber eine Auswirkung hat so ein Angriff dann doch auch auf mich: Ich befürchte, das Vertrauen und der Lebensraum Internet werden wohl oder übel langfristig Schaden nehmen.

    Der Höhepunkt des Mediums, dass ein Ort des gleichberechtigten Austausches von Informationen und Meinungen sein sollte, ist inzwischen nicht mehr nur von planlosen Regierungen (z.B. im Rahmen des BND-Gesetzes) und raffgierigen Konzernen bedroht sondern auch von Bots und KIs in einem Ausmaß, die mir die Zuversicht rauben. Das zerstört einen Teil des Idealismus in mir, der mich unter anderem 2009 in meine Partei eintreten ließ. Das Internet als neuer Hort und Zukunft der Demokratie schwebte in meinem Geist. Nun erreichen wir den Höhepunkt der feindlichen Invasion. Die AfD hat angekündigt, im Wahlkampf mit Panzern gegen diesen Ort vorzugehen. Indem man Botnetze betreibt oder bezahlt und damit die Meinung im Internet beeinflussen und lenken will. Und das ist inzwischen auch keine Dystopie mehr. Zuletzt hatten sie da aber eher konventionelle Mittel zur Verfügung. Bezahlte Menschen und unbezahlte Trottel, die auf den Plattformen der großen Zeitungen, auf Facebook und Twitter die Hashtags mit ihren Ansichten bombardieren. Die anderen Parteien haben von diesen Methoden und auch Bots eher Abstand genommen, obwohl sie in den letzten Bundestagswahlkämpfen auch fleißig Follower gekauft und sich damit mehr Gewicht verschafft haben.

    Künstliche Intelligenzen sind inzwischen soweit, dass man mit ihnen natürlich wirkende Gespräche im Rahmen von Textkommunikation führen kann. Es gibt keine Regeln und Gesetze gegen den Einsatz solcher KIs und sie stehen inzwischen vielfach zum Verkauf. Sind dann vielleicht Video-Gruppenchats die Lösung? Ich würde sagen nein. Erstens bringen sie dann wieder Äußerlichkeiten in den Diskurs ein und zweitens ist dies auch wieder nur eine Frage der Zeit, bis da Avatare statt der echten Webcam laufen würden. Was machen wir nun also und welche politischen Maßnahmen kann man da ergreifen? Müssen wir das Internet aufgeben?

    Innerhalb des Internets gibt es wegen all dieser Bewegungen schon lange eine Tendenz zu Schutzräumen und anderen Bereichen, die man nicht so einfach infiltrieren kann. Diese Tendenz wird steigen. Soziale Netze werden sich noch mehr auf Grüppchen und Menschenhäufchen stürzen und das Gefühl des weltumspannenden Netzes immer mehr mit Komfortzonen voll gebaut. Für den öffentlichen Diskurs heißt das weitere Zersplitterung und ein Erstarken von Meinungszentren. Journalismus wird wieder deutlich an Wert gewinnen und große soziale Netzwerke müssen ihre Entwertung fürchten. Das macht es perspektivisch für Politiker sicher nicht einfacher, den echten Willen der Menschen zu erfassen.

    Diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Bis das aber ein Niveau erreicht hat, dass die Demokratie keinen Schaden von der Entwicklung mehr nimmt, haben wir allerdings noch viel vor uns. Viele Momente in denen wir nur mit Unverständnis über geteilte Schlagzeilen reagieren können und in denen wir uns hoffentlich die Mühe machen, Schund mit Tatsachen zu widerlegen. Und eins weiß ich: 2017 wird uns da auf eine harte Probe stellen.


  • Internet in Chemnitz – Happy End?

    Tia, da wären wir wieder. Wir reden wieder darüber, wie sehr meine Stadt vom Internet abgeschnitten ist und bleibt. Das ist aber kein willkürlich gewählter Zeitpunkt.

    Zum Ende dieses Jahres hört die ‚eins energie‘ damit auf, die Glasfaser in Chemnitz zu verlegen und lehnt sich entspannt zurück. Ihr Werk, 60.000 Haushalte damit auszustatten, ist dann verrichtet. In Chemnitz gibt es aber mehr als doppelt so viele bewohnte Haushalte.

    Aber werfen wir mal einen Blick auf die Karte der ‚eins energie‘. eins-energie-karteIn Röhrsdorf, Borna, Furth, Hilbersdorf, Ebersdorf, Rottluff, Rabenstein, Schönau, Siegmar, Reichenbrand, Grüna, Mittelbach, Stelzendorf, Teilen von Morgenleite, Altchemnitz, Reichenhain, Erfenschlag, Adelsberg, Kleinolbersdorf-Altenhain, Glösa und Euba wurde keine Faser verlegt. Man könnte sagen etwas weniger als ein Drittel des geografischen Stadtgebietes wurde mit der zukunftsfähigen Faser bedacht. Natürlich gucken deswegen noch nicht alle anderen in die Röhre, aber Röhre ist dabei wieder ein gutes Stichwort. Alternativ bieten sich in einigen der Stadtteile zumindest die Kabelnetzbetreiber an. Leider machen diese trotz großspuriger Ansagen zum Ende von 2015 aber noch keine viel bessere Figur als vorher. In einigen Stadtteilen hat es sich gebessert, in anderen fällt das Netz noch immer sehr häufig aus oder bricht von der Geschwindigkeit auf ein Niveau ein, welches z.B. Streamen über Netflix unmöglich macht.

    Aber da gab es doch noch diese Ziele der Bundesregierung!

    Ja, was ist eigentlich damit? Die Landesregierung wirbt mit beschönigten Grafiken, in denen auch für die Grundversorgung wenig geeignete UMTS und LTE-Anschlüsse und öffentliche WLAN-Anschlüsse, wie z.B. die Freifunk-Knoten, mit inbegriffen sind. Diese liefern aber im Schnitt natürlich nicht annährend die angepeilten 50 Megabit und sind auch nicht dafür da, die Grundversorgung mit Internet zu übernehmen. Wenn da also nicht bald noch etwas passiert, werden diese Ziele weit verfehlt, selbst in unserem schnuckeligen und wirtschaftlich durchaus interessanten Ballungsraum. Chemnitz ist nach aktueller Statistik etwa zu 72% mit Internet um die 50 Megabit versorgt. Das Zahlen aber nicht Alles sind, hab ich ja oben bereits angedeutet.

    Aber wir haben doch noch die Telekom! Die haben bestimmt einen Plan.

    telekom-karteKlar haben sie einen Plan. Der Plan nennt sich VDSL-Vectoring. Nachdem es ja nun ein wackeliges ‚Go‘ von der EU und der Bundesnetzagentur gab, hat die Telekom ein paar neue Ausbaugebiete für Chemnitz angekündigt. Diese sind auf der Grafik blau markiert und hier noch einmal genauer zu betrachten. Das dunkle Lila ist übrigens die Glasfaser. Sieht nicht ganz so schick aus wie bei der ‚eins energie‘, oder?

    Diese blauen Bereiche bedeuten, dass die dort bestehende DSL-Infrastruktur, die bisher eher so 2 bis 16 Megabit liefert, mit ein paar neuen Verteilerkästen oder Umbauten in den Kästen auf bis zu 100 Megabit aufgebohrt wird. Dummerweise handelt es sich dabei auf den letzten 100 Metern aber um die im Schnitt 0,6mm dünne Kupfer-Doppelader, aus der sich perspektivisch nicht mehr viel heraus pressen lässt. Für schnelle Zielerreichung ist das nett, mit zukunftstauglicher Technologie hat das aber nicht viel zu tun. Billig und schnell war hier die Devise. Da fühlen sich dann einige Leute spätestens 2025 wieder abgehängt. Dazu teilen sich dort viele Kunden ein Kabel und sind nur virtuell von den anderen Anschlüssen entkoppelt.

    Die Kooperation mit der ‚eins energie‘ für den Glasfaserausbau wird man wohl auch nicht verlängern wollen, da diese den Glasfaseranschluss perspektivisch nun selbst vermarkten wollen. In Bad Elster kann man das sogar schon bestellen. Die Upload-Geschwindigkeiten sind dort allerdings eher dürftig.

    Was bleibt noch zu sagen? Es bleibt spannend. Und wer billig Infrastruktur baut, baut zwei Mal.


  • Chemnitz 2030 – Eine Utopie oder ein normaler Shopping-Ausflug?

    Chemnitz 2030 – Eine Utopie oder ein normaler Shopping-Ausflug?

    Es ist Samstag Mittag. Ich benötige eine neue Stehlampe, am besten mit Ladefunktion für meine Kleinstgeräte. Die Onlinesuche zeigt mir 3 passende Leuchten an, eine davon ist in meiner IKEA-Boutique verfügbar.
    Auf meiner Smartwatch tippe ich auf den Knopf, der aussieht wie eine Autosilhouette. Es kommt eine Meldung zurück: „Ein Fahrzeug kann in 10 Minuten an ihrer Zuhause-Parkposition stehen. Welches Ziel haben Sie?“
    Ich sage ich will ins Stadtzentrum. Ein freundliches grünes Häkchen erscheint und ein Timer von 9 Minuten und 40 Sekunden startet.
    Ich mache mich in Ruhe fertig und gehe nach unten. Das Fahrzeug steht da. Ich halte den Arm mit der Smartwatch kurz an die Tür des Fahrzeuges. Sie öffnet sich.
    Ich steige ein und bemerke die Gesellschaft. Es gibt keine eindeutige Fahrerposition mehr und neben mir sitzt eine Person mit dem gleichen Ziel. Der Sitzabstand ist großzügig und respektiert die Privatsphäre. Das Fahrgefühl ist deutlich angenehmer als in Bussen und auch nicht so privat wie im eigenen Fahrzeug. Ich nutze diesen Service seit 2 Jahren. Ich bin Abonnent dieses monatlich kündbaren Carsharing-Service und habe mich wegen der einfachen Bedienung der App und der günstigen Flatrate von nur 30€ dafür entschieden. Als innerstädtischer Nutzer sind meine Fahrtwege nicht übermäßig lang, deshalb ist das Angebot hier deutlich günstiger als im Erzgebirge mit 50€.
    Der Straßenraum hat sich im letzten Jahr stark verändert. Es gibt nirgendwo mehr Poller, riesige Verkehrsschilder oder Ampelanlagen mehr. Die intelligente Vernetzung der Fahrzeuge und Bodenampeln für die Fußgänger haben die Verschandelung der Umwelt mit Vekehrsleitfunktion vollkommen abgelöst. Trotzdem gibt es quasi keine Verkehrsunfälle mehr. Auch Falschparken findet nicht mehr statt. Dafür mussten allerdings alle Fahrzeuge vor 2 Jahren mindestens mit Heads-Up-Displays und autonomen Bremsen nachgerüstet werden, wie es etwa zur Jahrtausendwende mit der dritten Rückleuchte der Fall war. 1000€ kostete das die Halter von Fahrzeugen, die ihr Vehikel vor 2019 erworben haben. Viele waren davon nicht betroffen, das Privatauto ist kein beliebtes Modell mehr gewesen.
    Die Straßen wurden schon in den 2020ern Schrittweise verengt und mehr begrünt. Es gab schnell mehr Aufenthaltsräume und sogar neue Baugrundstücke in der Innenstadt. Historisch gewachsene Straßenzüge sind kaum mehr aus zu machen. Das Fahrzeug hält am Stoppoint der ehemaligen Zentralhaltestelle und meine Zufallsbegleitung und Ich steigen aus. Wir kannten uns schon von mehreren gemeinsamen Fahrten und verabschieden uns freundlich. Ich hab Sie mit 4 von 5 Punkten in der Sharing-App bewertet. Mit 5 Punkten würde meine Fahrt für eine tolle Begleitung leicht verzögert werden, mit weniger als 3 Punkten ebenfalls, um eine andere Begleitung oder ein freies Fahrzeug zu finden. Mit Menschen mit nur einem Punkt muss ich gar nicht das Fahrzeug teilen. Auf dieser Liste steht momentan nur mein Zahnarzt.
    Ich spaziere entspannt in Richtung der Boutique. Die Uhr fragt mich, wann ich gedenke zurück zu fahren. Ich sage ihr, dass es etwa eine Stunde dauern kann.
    Das Fahrzeug fährt unterdessen in eine Tiefgarage außerhalb des Stadtringes, wo es per Induktion geladen wird und weiteren Personen zur Verfügung steht. Tankstellen und selbst Ladestationen gibt es keine mehr im öffentlichen Straßenraum. Es gibt auch nur rund 500 autonome Fahrzeuge, die das Stadtzentrum anfahren. Bei Großveranstaltungen können damit potentiell 2500 Menschen autonom und gleichzeitig in die Stadt gefahren werden. Parkhäuser wurden schon vor 5 Jahren Schritt für Schritt zurück gebaut. Dieses Jahr geht ebenso das Kohlekraftwerk in Chemnitz außer Betrieb. Was für ein Segen für das Gewissen und bei der Nutzung der vielen Technik.

    In der Innenstadt gibt es so gut wie keine Läden mehr. Alle Geschäfte haben eine Event- und Ausflugs-Charakteristik, sonst können sie sich an diesem Standort nicht halten. IKEA waren unter den Ersten, die dieses Konzept adaptierten. Ich bin nun 42 Jahre alt und werde doch langsam zum Gewohnheitstier, deshalb spricht mich deren Angebot noch immer an. An der Tür treffe ich Piru und noch ein paar andere Freunde, die meinen IKEA-Ausflug über soziale Vernetzung mitbekommen haben. Verspätung ist in den letzten Jahren immer unwahrscheinlicher geworden. Wir gehen gelassen durch die Boutique auf ca. 500 Quadratmetern, das Restaurant nimmt die gleiche Fläche ein. Ich sehe die gesuchte Lampe und halte meine Uhr an den Sensor daneben. Daraufhin kann ich sie virtuell in meinem Wohnzimmer platzieren und bekomme einen noch besseren Eindruck. Nach meiner Bestätigung spricht meine Uhr wieder zu mir: „Die Ware ist im Versandzentrum Neefepark verfügbar und kann per Drone innerhalb von 30 Minuten geliefert werden.“
    Ich drücke die Meldung weg und vereinbare einen Liefertermin im Vorabend, wenn ich Zuhause bin. Bezahlt ist die Ware damit bereits.
    Nach dem Einkauf geht es ins Restaurant. Die Gespräche arten ein wenig aus und so kommt es, dass ich die Schlummertaste meiner Auto-App dreimal drücken muss, welches die Abfahrt jedes Mal um 10 Minuten verschiebt. Das Sozialisieren ist der wichtigste Grund für den Besuch der Innenstadt.

    Als ich wieder am Stoppoint stehe kommt ein anderes Fahrzeug meines Services angefahren und sammelt mich ein. Bei mir Zuhause ging vor 10 Minuten ein Hinweis an, dass ich in ca. 20 Minuten Zuhause bin, da ich die Abfahrt dieses Mal nicht verzögert habe. Das hat schon so manches Mal die Essensplanung erleichtert. Später mache ich mit Freundin und Kindern noch einen Ausflug mit dem geteilten Fahrzeug. Die Family-Option für verschiedene Autodienste ist in der 5-Zimmer-Wohnung bereits im Mietpreis enthalten. Wir machen einen Spaziergang durch das Augustusburg von 1820, dank Augmented Reality. Am Vorabend trifft pünktlich die Drone vor meinem Fenster ein. Im Umfeld der Lampe laden alle meine Geräte wieder voll, ich benötige eine Woche keine Ladung mehr.

    Ich hoffe diese Geschichte hat den Lesern gefallen. Die Tankstelle im Bild an der Ecke Annen-/Brauhausstraße ist inzwischen das kleinste Hotel der Stadt. Gestaltet die Zukunft mit und macht euch Gedanken wie beispielsweise ein sinnvoller Datenschutz in dieser Welt gewährleistet werden kann. :)


  • Pokémon GO

    Pokémon GO

    Die Taschenmonster erfreuen sich gerade wieder großer Beliebtheit. Kein Wunder, das Spielprinzip ist in etwa jenes, auf dass Spieler in Europa (inklusive mir) seit 16 Jahren warten. Nostalgie lässt sich im Spielesektor auch super melken, dass wissen Nintendo, Gamefreak und Niantic, die Entwickler des Spiels, natürlich auch. Solche GPS-gestützten Augmented Reality Spiele haben aber auch einige Schattenseiten. Einerseits lassen sie sich nicht ohne umfassende Positionsdaten vom Spieler auf Servern umsetzen, andererseits sind Daten- und Stromverbrauch gewaltig hoch. Aber was nimmt man nicht alles in Kauf um seine geliebten Pikachus und Shiggys einsammeln und kämpfen lassen zu dürfen?

    Es gibt noch eine größere Angelegenheit: GPS-gestütztes Spielen und willkürlich gesetzte Spots auf Karten, locken auch kriminelle Energie und sorgen derzeit dafür, dass viele Spieler ihre Schlafenszeit deutlich überziehen. Die Spieler laufen auf der virtuellen Karte oftmals ohne viel Aufmerksamkeit für ihre Umwelt herum. Das sorgt für Probleme: In den USA wurden schon eine Menge Raubüberfälle im Rahmen des Spiels gemeldet und eine Person stolperte schon über eine Leiche. Man kann andere Spieler gezielt anlocken und hat als Räuber zumindest den Durchschnittslohn von einem Smartphone im Wert von ca. 200€. Auch Verkehrsunfälle provoziert so ein Spiel, sodass man sich nicht ungern auch Bodenampeln wünscht. Ein befreundeter Spieler ist neben mir letztens an einen Poller gelaufen. Sah witzig aus, sollte aber ein Warnsignal sein. Was bedeutet so ein gefährliches Spiel für die Spieler und ist Niantic sich dessen bewusst?

    Die Datenschutzerklärung hat es in sich! Niantic hat bei Ingress und Pokémon GO, quasi in vorauseilendem Gehorsam, folgende Regelungen eingebaut:

    Wir arbeiten mit der Regierung, mit Strafverfolgungsbehörden oder privaten Beteiligten zusammen, um das Gesetz durchzusetzen und einzuhalten. Wir könnten jegliche Informationen über Sie (oder über das von Ihnen ermächtigte Kind), die sich in unserem Besitz oder Kontrollbereich befinden, an Regierungen oder Strafverfolgungsbehörden oder private Beteiligte offenlegen, wenn wir es nach unserem eigenen Ermessen für notwendig und angemessen erachten: (a) um auf Ansprüche, Gerichtsprozesse (einschließlich Vorladungen) zu reagieren; (b) um unser Eigentum, unsere Rechte und unsere Sicherheit, sowie das Eigentum, die Rechte und die Sicherheit von Dritten oder der allgemeinen Öffentlichkeit zu schützen; und (c) um jegliche Aktivität, die wir als illegal, unethisch oder rechtlich anfechtbar erachten, aufzudecken und zu stoppen.

    Das klingt ziemlich böse, ist aber vermutlich die einzige Möglichkeit zu verhindern, dass solche Spiele verboten werden. Wer Pokémon GO spielt, dem sei ein extra Smartphone und extra Google-Account empfohlen, denn das Spiel nimmt sich auch alle Daten aus eurem Google Konto. Der Strafermittlung steht damit trotz allem nichts im Weg. Und passt zu Hölle nochmal auf euch auf und geht Nachts nicht allein auf Pokémonjagd!

    Team Weisheit, huh!