… und ich kann nichts dagegen tun. Heute war mal wieder ein spannender Tag für das Internet. DynDNS war Ziel einer DDOS-Attacke, die den Domainauflösungsdienst großflächig zum Absturz brachte. Im Grunde ist das keine große Sache. Dienste die intern ihre Server ohne Domain anwählen waren gar nicht betroffen und die Dienste hinter Domains waren nicht etwa zerstört oder beeinträchtigt. Metaphorisch gesprochen hat einfach nur eine findige Gruppe von Hackern oder auch Bots die Straßenschilder auf der Datenautobahn versteckt, sodass alle ohne Ortskenntnis völlig die Orientierung verloren. Das betrifft dann vor allem die großen Portale, weil die auch die meisten User ins Internet locken.
Betroffen hat mich das nicht wirklich. Den Ausfall auf Twitter bekam ich gar nicht mit, außer das ich mich am Nachmittag mal neu einloggen musste und Netflix verwendet intern keine Domains. Also war alles in Ordnung für meinen Alltag. Die Hacker nutzen die betroffenen Dienste vermutlich auch nicht wirklich, daher kommen sie sich sicherlich wie Wölfe vor, die einer Herde Schafe mal vorführt, wer hier eigentlich das tägliche Leben gestaltet. Aber eine Auswirkung hat so ein Angriff dann doch auch auf mich: Ich befürchte, das Vertrauen und der Lebensraum Internet werden wohl oder übel langfristig Schaden nehmen.
Der Höhepunkt des Mediums, dass ein Ort des gleichberechtigten Austausches von Informationen und Meinungen sein sollte, ist inzwischen nicht mehr nur von planlosen Regierungen (z.B. im Rahmen des BND-Gesetzes) und raffgierigen Konzernen bedroht sondern auch von Bots und KIs in einem Ausmaß, die mir die Zuversicht rauben. Das zerstört einen Teil des Idealismus in mir, der mich unter anderem 2009 in meine Partei eintreten ließ. Das Internet als neuer Hort und Zukunft der Demokratie schwebte in meinem Geist. Nun erreichen wir den Höhepunkt der feindlichen Invasion. Die AfD hat angekündigt, im Wahlkampf mit Panzern gegen diesen Ort vorzugehen. Indem man Botnetze betreibt oder bezahlt und damit die Meinung im Internet beeinflussen und lenken will. Und das ist inzwischen auch keine Dystopie mehr. Zuletzt hatten sie da aber eher konventionelle Mittel zur Verfügung. Bezahlte Menschen und unbezahlte Trottel, die auf den Plattformen der großen Zeitungen, auf Facebook und Twitter die Hashtags mit ihren Ansichten bombardieren. Die anderen Parteien haben von diesen Methoden und auch Bots eher Abstand genommen, obwohl sie in den letzten Bundestagswahlkämpfen auch fleißig Follower gekauft und sich damit mehr Gewicht verschafft haben.
Künstliche Intelligenzen sind inzwischen soweit, dass man mit ihnen natürlich wirkende Gespräche im Rahmen von Textkommunikation führen kann. Es gibt keine Regeln und Gesetze gegen den Einsatz solcher KIs und sie stehen inzwischen vielfach zum Verkauf. Sind dann vielleicht Video-Gruppenchats die Lösung? Ich würde sagen nein. Erstens bringen sie dann wieder Äußerlichkeiten in den Diskurs ein und zweitens ist dies auch wieder nur eine Frage der Zeit, bis da Avatare statt der echten Webcam laufen würden. Was machen wir nun also und welche politischen Maßnahmen kann man da ergreifen? Müssen wir das Internet aufgeben?
Innerhalb des Internets gibt es wegen all dieser Bewegungen schon lange eine Tendenz zu Schutzräumen und anderen Bereichen, die man nicht so einfach infiltrieren kann. Diese Tendenz wird steigen. Soziale Netze werden sich noch mehr auf Grüppchen und Menschenhäufchen stürzen und das Gefühl des weltumspannenden Netzes immer mehr mit Komfortzonen voll gebaut. Für den öffentlichen Diskurs heißt das weitere Zersplitterung und ein Erstarken von Meinungszentren. Journalismus wird wieder deutlich an Wert gewinnen und große soziale Netzwerke müssen ihre Entwertung fürchten. Das macht es perspektivisch für Politiker sicher nicht einfacher, den echten Willen der Menschen zu erfassen.
Diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Bis das aber ein Niveau erreicht hat, dass die Demokratie keinen Schaden von der Entwicklung mehr nimmt, haben wir allerdings noch viel vor uns. Viele Momente in denen wir nur mit Unverständnis über geteilte Schlagzeilen reagieren können und in denen wir uns hoffentlich die Mühe machen, Schund mit Tatsachen zu widerlegen. Und eins weiß ich: 2017 wird uns da auf eine harte Probe stellen.