Es ist Dienstag, der 22. November 2016. Im Tietz sitzen Jugendliche, Personal und Menschen die ihre Pause, ihren Feierabend, ein Buch oder einfach Einander genießen wollen im stadteigenen Kulturkaufhaus. Plötzlich geht um 16Uhr das Internet aus. 160 Menschen sind zu diesem Zeitpunkt im freien WLAN eingeloggt gewesen. Was ist da los?
Die Stadtverwaltung hat entschieden, dass das freie WLAN die Kultur im Kaufhaus störe. Es wären zu viele junge Störenfriede im Haus. Und man macht in Zukunft besser auch eher zu und befragt die Leute, wo sie eigentlich hin wollen. Sag mal, was läuft bei denen eigentlich nicht mehr ganz rund?
Statt sich zu freuen, dass sich die Jugend in dieses an sonsten oft wie ausgestorben wirkende Gebäude verirrt und man am Treffpunkt feilt, macht man die Türen virtuell wie reell doch besser zu. Aber das ist nicht mein Kulturkaufhaus. In einem Kulturkaufhaus muss es ein lautes Treiben geben, darf im Grunde immer Musik spielen und die Menschen müssen dort den Chemnitzer treffen. Das darf kein Ort von snobistischer „Hochkultur“ und Abriegelung sein. Dazu ist das noch ein Schlag ins Gesicht der Chemnitzer Freifunker, die im Stadtgebiet ihr Netz verteilen wollen. Das Tietz war ihr Vorzeigeknoten und es wird hart daran gearbeitet, damit er Gesellschaft im Zentrum bekommt. Und im Ernst, wer das Internet aus seinem Kulturkaufhaus aussperrt, verliert damit doch jeden Bezug zur heutigen Zeit …
Dass das Freifunk ausgesperrt wird, ist sicher nicht der richtige Weg. Aber vielleicht bist du in letzter Zeit auch schon mal durch das Tietz gegangen und hast gesehen, was da gerade schief läuft. Ich besuche einen Kurs in der VHS und fühle mich nicht sonderlich wohl, wenn ich das Gebäude betrete. Jugendliche rennen schreiend durch die Gänge, drehen ihre Handymucke auf Anschlag, randalieren und klopfen an Fenster und Türen. Wir fühlen uns dort alle während des Unterrichts gestört, wir bezahlen schließlich dafür, dort etwas zu lernen. Und bitte nenn das nicht „Kultur“, das ist schlicht und ergreifend respektlos und rücksichtslos gegenüber allen anderen Gästen des Hauses.
Dem stimme ich zu. Allerdings schwieg man sich bis jetzt sehr über die genauen Hintergründe aus und ich bleibe auch der Meinung, dass in diesem Fall anders reagiert werden muss und vielleicht auch erst ein Hilferuf an die Stadtverwaltung gehen muss um Lösungen zu erörtern. Die Menschen gehen nämlich nicht weg, die gehen maximal woanders hin. Sanktionieren bringt auch nix, wenn sie keine Straftaten begehen. Man muss damit umgehen und das managen. Das kann heißen, dass man vielleicht einen besseren Treffpunkt braucht. Allerdings muss der ähnliche Kriterien erfüllen. Die Kriterien die dasTietz da bisher erfüllte war: zentral, warm, bequeme Sitzmöglichkeiten, WLAN. Wenn die Stadt das im Zentrum nicht anders hinbekommt, dann weiß ich auch nicht.