Schlagwort: Chemnitz

  • Heimspiel für das Stadion

    Heimspiel für das Stadion

    Ich durfte endlich gegen das Stadion stimmen! Yeah!

    Nein. Eigentlich bin ich ja recht unvoreingenommen in die Sitzung gegangen. Hab mich vorher nicht rein gesteigert und war sogar gewillt, etwas mehr Geld zu investieren, wenn das Umfeld des Sonnenbergs etwas davon hat und auch Nicht-Fußball-Veranstaltungen möglich sind. Soweit so gut. Ich musste, um an diesen Punkt zu kommen, natürlich trotzdem Beweggründe dagegen im Kopf ausräumen.

    Wir hatten damals als Piraten das Stadion formell angegriffen. Ich wäre sogar noch weiter gegangen und hätte Finanzen und Zeitpunkt kritisiert, immerhin wurde damals das erste EKKo-Paket beschlossen. Ausgeschrieben heißt es Entwicklungs- und Konsolidierungskonzept der Stadt Chemnitz. Viele soziale Einrichtungen und sogar einige Pflichtaufgaben der Stadt mussten darunter leiden und der Stadtrat beschloss zeitgleich einfach ins Blaue 25 Millionen Euro für ein neues Fußballstadion.

    Nun hat sich die Situation verändert. Die Stadt hat plötzlich Geld, wir schießen es wieder zurück in die Entwicklung und Soziales, einige EKKo-Maßnahmen haben sich als tatsächliches Gesundschrumpfen herausgestellt und wir leisten uns auch sonst ein wenig Luxus (Technisches Rathaus, Sanierung des Sportforums, komische Sitzskulpturen,…), weil wirs können. Vor dem Hintergrund war also erstmal alles OK.

    Nun kommen wir zur Sitzung. Erst einmal wird kritisiert, dass die Informationspolitik versagt hat. Das mag sein. Ich hatte genau eine Einladung zu einer Begutachtung des Baus vor einigen Monaten. Mehr Informationen lagen mir nicht vor. In einschlägigen Ausschüssen mag das anders gewesen sein, daher sah ich darüber hinweg. Dann erzählte aber jemand, dass es eine Jury aus den Fraktionen gibt, welche den Bau begleitet und über die Maßnahmen im Detail Bescheid weiß und abstimmt. Diese ist dazu auch zur völligen Geheimhaltung verpflichtet.

    Achso?

    Warum darf ich davon selbst als Stadtrat nicht Bescheid wissen? Warum wurde die mit der neuen Amtsperiode nicht neu besetzt? Oder wurde die neu besetzt und man informierte uns nur nicht?

    Dann kamen ein paar Sachargumente. Zum Beispiel bräuchte man den Teil des Parkplatzes, der aktuell nicht asphaltiert ist, ja nicht asphaltieren. Erstens versiegelt das ein recht großes Areal, wofür dann wieder Entwässerungsmaßnahmen und Abwassergebühren fällig werden, und zweitens ist das Argument der Barrierefreiheit hinfällig, da solche Parkplätze bereits durch die ca. 1/4 asphaltierte Fläche vorhanden sind. Mit der Argumentation geh ich mit und merke mir vor: Maßnahme „ganzen Parkplatz asphaltieren“ ist unnötig, kann weg.

    Nächstes Sachargument: Warum ist denn die Innenausstattung in beiden Varianten mit den Außenanlagen und Sicherheitseinrichtungen verpackt? Sollen wir wirklich nur über Gesamtpakete abstimmen? Die Folge dieser Frage kam mit einer etwas zögerlichen Antwort der OB: „Ok, wir stimmen das einzeln ab.“ Denke mir so: Super, dann kann der Parkplatz ja unversiegelt bleiben.

    Dann kam noch ein Sachargument: Es steht noch gar nicht fest, ob Nutzung, welche über Fußball hinaus geht, rechtlich möglich und vom Kreditgeber so abgesegnet ist. Die OB hatte hier zwei Tage vor der Sitzung noch eine Änderung ausreichen lassen, in welcher „Diese Maßnahme ermöglicht Veranstaltungen im Außenbereich und im Gebäude“ in „Diese Maßnahme würde Veranstaltungen ermöglichen“ geändert wurde. Das „Wenn“ wurde natürlich weg gelassen, aber formelle Gründe dagegen waren also bekannt. Damit flog auch erst einmal diese Maßnahme unter Vorbehalt weiterer Erklärungen von meiner Liste. Mir war es ja schon wichtig, dass der Sonnenberg dann Stadtteilfeste, Public Viewing und Ähnliches dort abhalten könnte. Der Ausbau für Konferenzen im Gebäude war mir herzlich egal. Solche Sachen wie eine designte Lichtszenerie für 60.000 €, welche das Stadion ins richtige Licht rückt, waren bei mir sowieso schon auf der Prioritätenlisten weit unten.

    Ein weiteres Sachargument: Sicherheit. Man habe bei „Problemspielen“ festgestellt, dass man die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen könnte. Wusste man das mit den „Problemspielen“ nicht schon aus den vorangegangenen hundert Jahren? Nein, man hielt sich anfangs nur an die Vorgaben der DFL und bezog eigene Erfahrungen nicht mit ein. Zumindest schimmerte diese Info durch. Dass man diese Erfahrungen auch nicht in der Ausschreibung berücksichtigte, wollte man natürlich nicht zugeben. Für mich hieß das: Hmm, hat die Stadt wohl verbockt. Ist jetzt aber auch egal, denn sicher sollte so ein Stadion schon sein. Hierbei ging es um Wegtrennung Heim/Gast, Trennung der Blöcke mit ausreichend hohen Wänden oder einem Netz wegen Wurfgeschossen usw.

    Nächstes Sachargument: Wir zahlen beim Beschließen der Maßnahmen für die jeweilige Bauleistung und dann extra noch mal für die Bauzeitverzögerung durch die Maßnahmen? Lasst uns das Stadion doch erst einmal fertig bauen! Darauf wurde nur mit der Antwort eingegangen, dass man dann nicht noch eine Ausschreibung machen müsste und das Ganze in einem Rutsch fertig ist. Und Gewährleistungsfragen lägen dann auch in einer Hand. Rechtfertigt das einen hohen 6-stelligen Geldbetrag? Damit kenne ich mich nicht so aus, habs also hingenommen. Es wurde aber schon gegrummelt. Man war also mit dieser Entgegnung nicht ganz zufrieden.

    Dann kamen die ersten Fürsprecher. Frau Schaper von der Linken sinngemäß: „Ja, war ein totaler Scheißplan, das bei EKKo überhaupt zu beschließen, die Mehrkosten sehen wir eigentlich beim Bauunternehmer, da wir das damals schon als Mehrzweckstadion beschlossen haben. Ich hab damals auch dagegen gestimmt … aber wir stimmen jetzt trotzdem mehrheitlich dafür.“- Hmm. Kein Eingehen auf die Sachargumente, kein wirkliches Argument für das Stadion. Da kommt das Ende des Redebeitrags dann schon überraschend. Da sind wohl nicht alle so an die Sache heran gegangen, wie ich.

    Detlef Müller von der SPD macht weiter. Er sagt dass die Sicherheitsmaßnahmen natürlich nötig sind, was keiner abstritt, und verteidigte den Plan als Gesamtes. Wenn man jetzt so etwas baut, dann sollte man es auch richtig und in einem Rutsch tun. Auf die anderen Argumente ging er auch nicht ein. Langsam wurde ich stutzig. Die Grünen sind dagegen und es fehlten etwa 12 von 60 Stadträten. Haben die nicht etwa ihren Mehrheiten-Kuchen schon fertig gebacken? Man gab sich sichtbar wenig Mühe beim Verargumentieren der einzelnen Punkte.

    Irgendwann kamen wir zur Abstimmung. Wir durften ja immerhin die einzelnen Maßnahmen abstimmen. Es wurde aber mit etwas über 30 zu 12 Stimmen die größere Variante als Leitfaden gewählt. Gut, es war ja noch nichts verloren. Dann wurden die einzelnen Punkte abgestimmt und die gingen allesamt durch. Ok, scheinbar war alles vorher schon geklärt gewesen.

    SPD stimmte geschlossen dafür, von den paar anwesenden CDUlern stimmten 2 dagegen und die Linke hatte auch 2 „Abweichler“ in den Reihen. Nachdem die, meiner Meinung nach, per Sachargumentation abzulehnenden Maßnahmen, angenommen waren, hatte ich auch keine Lust mehr, bei den anderen zuzustimmen. Wenn hier so gehandelt wird, so unsachlich und mit so vielen kleinen Fehlern, die sich im Nachhinein wieder als sehr große herausstellen könnten, konnte ich auch nicht reinen Gewissens die wechselnde Mehrheit spielen. Ich hatte wirklich auf Läuterung gehofft, nach dem formellen Desaster der ersten Entscheidung. Aber dieses Schauspiel, diese Wand, an der alle Argumente abperlten und nicht einmal auf jene eingegangen wurden, war einfach der Horror für einen Demokraten.

    Ihr seht es mir sicher nach, liebe CFC-Fans. Ich war aufgeschlossen, hab meinen Ärger runter geschluckt und prompt kam der wieder hoch. Diese vorher bereits beschlossenen Anträge, die nur der Form halber eingebracht werden und nicht einmal ernsthaft diskutiert werden dürfen, nerven mich nur noch an. Ein super Übergang in die Sommerpause.


  • Koalition hin oder her?

    Vor kurzem hat sich im Rathaus eine Koalition aus Linken, SPD und Grünen gebildet (Reihenfolge nach Fraktionsgröße). Ziel der Gruppierung sei das Schaffen von Mehrheiten und Verfolgen gemeinsamer Ziele.
    Doch wie wirkt sich das nun tatsächlich aus? Ich werde mal versuchen, ein paar Gedanken dazu auf virtuelles Papier zu bringen.

    So ein Stadtrat hat es, wenn es um den Haushalt geht, schon schwer. Die Leistung einer Fraktion bemisst man an der Zahl der guten Anträge. Diese wirklich fundiert stellen zu können, setzt aber voraus, das man auch die nötigen Informationen zusammen tragen kann. Diese ergeben sich viel öfter aus dem persönlichen Gespräch und noch nicht veröffentlichten Kalkulationen der Ämter für kommende Projekte als aus frei zugänglichen Informationsquellen.
    Lädt das nicht zum Mauscheln ein? Ja, das tut es. Die Fraktion mit den besten Connections in die Verwaltung gewinnt sozusagen den Pot und irgendwie übt die Verwaltung darüber dann indirekt sogar Macht aus. Das Verhältnis an sich haben wir schon im Wahlkampf kritisiert. Die Verwaltung regiert, der Rat steuert nur etwas nach. Dieser Umstand hat jetzt auch am Rande etwas mit der Koalition zu tun, da die Verwaltungsspitze, unsere liebe OB, ja auch eine Stimme im Sinne der SPD zur Verfügung hat bzw. von ihr konsequenterweise natürlich hofiert werden muss.

    Warum gibt es um so eine Mehrheitenbildung überhaupt Tamtam?
    Bisher war unser Stadtrat ein, meiner Meinung nach, anschauliches Beispiel einer wabernden Masse wechselnder Mehrheiten. Zwänge, man mag es auch Fraktionsdisziplin nennen, maximal innerhalb von Fraktionen. Jeder Stadtrat wurde wegen seinem Abstimmverhalten einzeln böse angeguckt (anderes Thema). Allein auf Grund der deutlichen linken Mehrheit in unserer Stadt sollte man meinen, dass vielen, vor allem sozialen Anliegen, nicht viel im Wege steht. Dem ist auch so. Praktisch glaube ich nicht, das irgendein Anliegen anders ausgegangen wäre. Jetzt kommen wir zu meiner Meinung: Seien wir doch mal ehrlich. Eine Koalition ist hier doch vollkommen unnötig!

    Frühere Zusammenarbeit wurde oftmals vom schwierigen Verhältnis der Linken und SPD überschattet. Mit dem Wechsel der Fraktionsspitze wurde dies nun „beigelegt“. Das machte die Sitzungen für den Zuschauer witziger, da sich politische Entscheidungen aller Ebenen um die Ohren geworfen wurden. Nun legt man diese Differenzen erst einmal weg um … ja um was …
    Um wie im großen Parlament, die Regierung zu stellen.
    Richtig gelesen. Eigentlich gibt es auf unserer Entscheidungsebene eine Trennung zwischen dem Rat und der Verwaltung in diesem Bereich. Es gibt keine „gewählte Regierung“. Alle paar Jubeljahre steht aber die Wahl der Bürgermeister unter Frau Ludwig an. Diese wichtigen Köpfe über den Dezernaten sind für die Entwicklung so entscheidend wie der Minister auf höherer Ebene. Jetzt noch einmal einen kurzen Blick auf Abschnitt 2 werfen. Die Kontakte in die Ämter sind das A und O für die politische Arbeit. Man will daher gute Leute besetzen die möglichst im eigenen Sinne arbeiten um die Wirkungskraft, man könnte es auch Macht nennen, zu erweitern. Meiner bescheidenen Auffassung und Erfahrung nach entwickeln die Bürgermeister sowieso ein Beamten-Eigenleben, sodass die Macht dann eher wieder dahin statt in den Rat wandert. Ihre Amtszeit, die länger als die des Rates ist, spricht auch eher dafür. Ich bin auf jeden Fall auf die Kandidaten gespannt.

    Gibt es noch mehr?
    Die Wirkung der Koalition in der Haushaltssitzung am Mittwoch ist gelinde gesagt einfach gute Absprache. Man hat 32 Räte die gemeinsame Anliegen überprüfen und durchsprechen und dazu vermutlich noch die OB mit am Tisch sitzen. Dadurch kommt meist gutes Zeug bei raus. Im Gegenzug kümmert man sich aber nicht mehr ganz so um die Anliegen von Außerhalb. Vor allem eine antragsstarke Fraktion wie die CDU mit ihren ebenfalls 15 Räten, musste das leidlich spüren. Die Deckungsquellen der Koalition waren besser recherchiert und die Summen für bestimmte Beträge mit der Verwaltung und anderen Akteuren exakt und ohne zugedrücktes Auge ausgehandelt. Viele Anträge zerschellten dadurch, die man vielleicht sonst fraktionsübergreifend besprochen hätte. Uns traf dieses Vorgehen auch ein wenig, aber nicht unbedingt schmerzlich. Die CDU ließ dann schon Begriffe wie „Zauber-Deckungsquelle“ und abfällig „flotter Dreier“ fallen. Als getroffener Hund sollte man ja nicht still sein.

    Ich würde mir ehrlich wieder weniger Lagerbildung wünschen und es ist kaum abzusehen wohin das noch führt. Zu Experimenten und mutigem Handeln führt es sicher kaum. Es wird dann halt meist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Verwaltung und den 3 Fraktionen. Die rundgelutschte Variante eines Antrages angenommen. Ich lasse mich aber auch gern vom Gegenteil überzeugen.

    LG Toni


    Zusammenfassung der Anträge meiner Fraktion zur Haushaltssitzung


  • OpenAntrag in Chemnitz – Überraschungserfolg

    Ich werde im folgenden Text versuchen, die Phrase „besser ging es gar nicht“ weg zu lassen, möchte aber darauf hinweisen das jede Menge glücklicher Umstände bei der Einführung von OpenAntrag in Chemnitz durchaus eine Rolle spielten.

    OpenAntrag sprengte in Chemnitz jede Erwartung. Innerhalb des ersten Monats stehen wir inzwischen bei 31 Anfragen zu unterschiedlichsten Themen und auch von unterschiedlichsten Leuten und haben als Fraktion dadurch nicht nur Vertrauen und Aufmerksamkeit gewonnen sondern einen Einstieg in die politische Arbeit, den man sich sonst hätte selbst suchen müssen. Viele der Hinweise sind wertvoll und die Abarbeitung macht Spaß und bringt neue Kontakte. Inzwischen stehen wir auf Platz 5 der 113 Parlamente mit den meisten Anträgen.

    Einführung des Systems

    Zuerst geb ich mal ein paar Tipps, die meiner Meinung nach jede neue Fraktion gut nutzen kann, um einen guten Start hinzulegen.

    1. Lest euch jede Seite von OpenAnrag genau durch und nehmt Kontakt auf. Damit mein ich nicht jede Instanz, aber jede informative Seite. Wenn man das inhaliert hat, die Statistiken kennt und die Regeln im Kopf hat, ist der erste wichtige Schritt schon einmal getan. Es gibt 2 Personen die mir besonders geholfen haben: Kristof Zerbe, der Entwickler und Admin von OpenAntrag (@Kristofz) und Kai Schmalenbach von der NRW-Landtagsfraktion (@Dave_Kay).

    2. Beeilt euch! Kurz nach einer Wahl sind die Gemüter noch erhitzt und viele Leute wollen ihre Gedanken und Ideen loswerden, vor allem jene, die durch zu schlechte Wahlergebnisse nicht gehört wurden oder auf Podien keine zufriedenstellenden Antworten bekamen.

    3. Macht eine gut vorbereitete Pressekonferenz. Ich hab die Chance genutzt, die erste Pressekonferenz der Fraktion mit dem Thema zu verbinden. Diese lag, auf Grund der günstigen Umstände, auch noch zwischen der Kommunal- und kurz vor der Landtagswahl. Dadurch war politisches Interesse auch gerade noch immer besonders groß. Die Lokalblätter freuten sich auch, nicht nur Wahlkampf-PMs von Parteien zu bekommen, sondern auch politische Arbeit abseits des Trubels zum Füllen der Seiten. Wichtig noch: Das System sollte mit der Pressekonferenz startbereit sein.

    4. Ladet dazu noch mehr Leute ein, am besten hauptsächlich Nicht-Piraten. Ich hatte das Glück, mit meinem Fraktionspartner eine Zielgruppe zu erreichen, welche zwar viel von Bürgerbeteiligung hielt, aber solche Tools noch gar nicht kannte. Solche Gruppen gibt es viele. Ob es Bürgerplattformen, Vereine, Initiativen, Elternräte oder einzelne Interessierte sind. Sie alle sind Multiplikatoren und helfen dabei eure Plattform zu befüllen und machen auch Mundpropaganda.

    5. Betont die Andersartigkeit und den Paradigmenwechsel, den OpenAntrag herbei führt. Um Ratsanfragen los zu werden, dafür können Leute auch so schon an den Türen der anderen Fraktionen kratzen, aber nur hier wird alles transparent dokumentiert und der Versuch unternommen, den Parteiproporz heraus zu halten. Es ist einfach der bestmögliche Zwischenschritt zwischen dem StatusQuo und richtigen Bürgeranträgen.

    Das alles führte am Ende dazu, das wir direkt am ersten Tag nach der Pressekonferenz zweistellige Antragszahlen erreichten. Die lokale Presse (Freie Presse und BILD) machten sehr gute Artikel und lockten so Leute auf die Plattform. Leute, die bei der Pressekonferenz anwesend waren, versuchten sich direkt am System und der Erfolg multiplizierte sich. Die Presse sah nämlich, das die Leute das System stürmten und brachten sogenannte Follow-Up-Artikel, in denen sie ihre Leser informierten, wie die Plattform angenommen wird.

    Die richtige Arbeit

    So eine Pressekonferenz zu organisieren kann zwar auch schon interessant sein, aber was der Eröffnung der Plattform folgte, war gleich ein ganzer Brocken. Ich hatte keinerlei Vergleichswerte und nahm nicht an, das die Plattform so überrannt würde. Eigentlich hab ich es sogar mehr als Wahlkampfgag und kleinen Service der Fraktion im Hinterkopf gehabt. Doch da hatten wir auf einmal richtig viel Gesprächsstoff für die folgende Fraktionssitzung.

    In den Sitzungen, wo man die Anliegen bearbeitet, muss man natürlich geordnet und bedacht vorgehen. Wir haben uns vorher nicht das System gewählt, wie wir vorgehen, aber es zeigt sich schon, das ein First-Come-First-Serve nicht das Richtige sein wird. Einige Anliegen brauchen Vorarbeit und andere Anliegen sind bereits auf den Tagesordnungen der nächsten Sitzungen. Das macht vor allem den Unterschied aus, warum jetzt einige in der Mitte der Liste noch gelb sind und andere bereits grün. Wir sind also erst nach Dringlichkeit und unserer vorhandenen Expertise vorgegangen. Wo eine Ratsanfrage formuliert werden kann, hat sich der Stadtrat, der sich für die Frage am meisten Verantwortlich fühlt, den Hut aufgesetzt. Über die genaue Formulierung wird diskutiert und am Ende kurze und präzise Fragen daraus gebastelt.

    An der Stelle möchte ich meinen Fraktionsgeschäftsführer Andreas Felber und auch meinen Fraktionskollegen Lars Fassmann sehr loben. Andreas Felber arbeitete in seiner Bürozeit nach einer kurzen Einführung selbstständig das Gröbste ab und legt dann die Anträge zur nächsten Sitzung vor. Dazu stellt er die Anfragen für uns 3 Stadträte dann auch im System des Rathauses ein. Mag sein Job sein, aber er macht ihn sehr gewissenhaft. Lars hat am vergangenen Wochenende einfach mal eine Mail mit 91 Fragen, verpackt in 19 Ratsanfragen für verschiedene Bereiche, für die Sitzung eingereicht. Schöner kann man die Geschäftsstelle der Oberbürgermeisterin kaum trollen.

    Natürlich ist es aber nicht nur Bürokram. Zu einigen Anliegen haben wir die Antragsteller eingeladen und zu anderen Anliegen kamen die Leute sogar von sich aus vorher vorbei um mit uns zu sprechen. Bei anderen Sachen merkt man, das die Ideen schon eine Weile in Schubladen lagen und man dies vielleicht hinterfragen sollte. Das führt zu besseren Anträgen und Kontakten, die man auch in Zukunft weiter nutzen kann um Expertise zu bekommen. Ein Vorteil von gezielt angesprochener Klientel ist es ja, das die Qualität der Antwort im Schnitt besser ausfällt, daher sind eben auch Bürgerplattformen und Vereine so ein tolles Ziel für die Vorstellung von OpenAntrag.

    Bereits jetzt gewonnener Erfahrungswert: Arbeitet man alles systematisch ab und zeigt Interesse, kommen die Antragsteller mit ihren tollen Ideen natürlich auch wieder.

    Ausblick

    Wir haben noch nicht eine Antwort auf eine Anfrage und einen Antrag für den Stadtrat konnten wir auch noch nicht formulieren. Daher sind das die nächsten großen Schritte. Abgesehen davon wird das Interesse an der Plattform über kurz oder lang sicher ein wenig sinken. Dann kann man angehen, Vorstellungen im Stil eines Workshops oder einer Pressekonferenz bei den Menschen zu machen, die sich in der Stadt engagieren wollen. Wer das ist, solltet ihr selbst heraus finden können. Parteilogos sind dabei eher unwichtig bis hinderlich, aber da OpenAntrag ja sowieso eines enthält, tut man damit auch der Partei etwas Gutes in Sachen Glaubwürdigkeit und Fürsorge für die dort geäußerten Belange.

    Demnächst hab ich vielleicht die Ehre unsere erste Fraktionserklärung abzuhalten, mit dem Inhalt, wie wir uns erhoffen, das der Stadtrat als gesamtes Organ mit OpenAntrag umgeht. Eine frühe Einbeziehung von Mitarbeitern des Rathauses und der anderen Fraktionen ist aber durchaus hilfreich.

    Zum Schluss möcht ich noch meine Materialien verlinken, mit welchen ich die Pressekonferenz abgehalten habe: Feel free to share!

    Natürlich: OpenAntrag.de

    Präsentation auf prezi.com von Kai Schmalenbach. (Die Effekte und der moderne Aufbau von Prezi können den ein oder anderen Lokalredakteur und Zuschauer schon überraschen ;-) )

    Meine genutze Präsentation auf box.com (Nach der Folie „Regeln“ ging ich auf OpenAntrag um dort die Benutzung vorzuführen.)


  • „Wer zahlt denn das alles?“ – Podium im Lokomov

    Mir war es persönlich schon zu kosmopolitisch. Der Bezug zu „was ist Chemnitz die Kunst wert“ kam meiner Meinung nach zu kurz. Wir haben über 220 Vereine, die als Kulturschaffende im Sektor „Freie Kultur“ gelten und welche sich alle irgendwie einen Anteil der deutlich unter 5% Förderung der Stadt wünschen würden, was eine Frau Zais im Gegensatz zu mir im Verwaltungs- und Finanzausschuss wohl überhört hat. Ein Großteil der Vereine trägt sich im Endeffekt über seine Mitglieder oder Querfinanzierung durch Getränkeverkauf und Ähnliches. Das gilt auch für Stätten, welche zwar keine Kunst schaffen, aber einen Bildungsauftrag erfüllen, wie den botanischen Garten.

    Eins wurde aber sehr offensichtlich: Es wurde noch nicht begriffen, das freie Kunst und Kultur auch Infrastruktur braucht. Es war von Förderung von Projekten die Rede. Ein Lesecafé Odradek mag an sich keine Kunst und höhere Kultur darstellen, aber dort ist ein Treffpunkt und auch Geburtsstätte von Projekten. Dort kann sich auch ein sonst armer Künstler gern herum treiben und es gibt für ihn einen Kaffee gratis, wenn jemand anders einen bestellt. Auch Frau Reinhardt hat schlüssig dargestellt das viele Projekte plötzlich funktionieren wenn z.B. die Schlüsselpersonen auf ihren Lohn verzichten und sich aufopfern. Jene, die das Projekt auf Kurs bringen, koordinieren und damit zur Infrastruktur des Projektes gehören.

    Freie Kunst und Kultur schaffen ist Wirtschaften mit Raum, Motivation und dem, was bei den Menschen im Alltag übrig bleibt, ob es Zeit ist, Inspiration oder Geld. Das alles hängt nicht nur von Finanzierung ab und einer hübschen Galerie sondern zuerst von den umgebenden Lebensumständen. Auch das Lohnniveau, Arbeitszeiten und die Gegenwehr aus verschiedenen Bereichen, ob Verwaltung oder Bevölkerung, spielen eine Rolle. Das kann man auch politisch steuern, auf jeder Ebene ein wenig. Das ist auch ein Grund, warum mir als Pirat das bedingungslose Grundeinkommen so gefällt, weil es gleichzeitig von Zeitmangel und Geld befreit und die Menschen vor die Herausforderung stellt, was sie jetzt damit tun sollen.

    Zu guter Letzt fand ich das Streetart-Künstler-Bashen ein wenig fehl am Platz. Wir haben in Chemnitz tolle Beispiele für gelungene Gestaltung von Außenflächen, welche auch auf Auftrag gefertigt werden und auch wirtschaftlich interessant sind. Anders als man vielleicht auch annimmt, ist die Szene sehr vernetzt und kontaktfreudig, nimmt jedes Festival mit und ist interessiert an der Weitergabe der Kenntnisse. Eine inspirierende Umgebung schafft im Endeffekt dann auch den passenden Nährboden für weitere Arten der Kunst.

    Alles in Allem war es nette Unterhaltung. Hoher Lanz-Faktor. Das waren meine zwei Cent dazu.


  • Die erste Sitzung, ein Fiasko …

    Ich nahm mir ja zum Glück schon im Vorfeld nicht die Zeit, den Gottestdienst vor der Sitzung zu besuchen, denn dort, wurde mir gesagt, vermittelte der Pastor eine Botschaft, denen die Stadträte bereits 2-3 Stunden später nicht mehr gerecht wurden.

    Die Sitzung begann mit einem Konzert von „Jugend musiziert“. Die haben gut gespielt und sollten wohl die Erhabenheit des Augenblickes heraus arbeiten. Das Ganze ging 15 Minuten. Zeit, in der auch Fraktionserklärungen hätten verlesen werden können und damit Politik auf die Tagesordnung gekommen wäre. Aber dazu später mehr.

    Es folgte die Ehrung der ausgeschiedenen Stadträte. Es wurden dort die Errungenschaften und Mitarbeit in Ausschüssen, sowie die Dauer ihres Engagements von der Bürgermeisterin hervorgehoben und sie durften sich in das goldene Buch der Stadt eintragen.

    Währenddessen sortierte mein Vorsitzender hitzig die Vorlagen für die Sitzung, welche teilweise 30 Minuten vor der Sitzung eingingen und von denen auch eine mehr als 10 Seiten umfasste. Vor mir lag also nun mein Tablet und wieder ein vermeidbarer Stapel Papier. Etwas fiel dabei besonders auf. Eine Beschlussvorlage reduzierte die Ausschusssitze in den beschließenden Ausschüssen wieder auf 13 Personen. Ein Vorschlag, der sehr überraschend erschien. Die kleinen Fraktionen, die zu diesem Thema nie offen angesprochen wurden, machten sich vor der Sitzung darauf gefasst, den Vorschlag der Verwaltung, 15 Sitze mit Losverfahren, zu ändern und zu erweitern. Das Argument war die gesetzlich vorgeschriebene Spiegelbildlichkeit1. Dann liegt dort so etwas … mir schwante Böses.

    Bevor es richtig los ging, gab es noch Sekt und ein Buffet. Das hätte mir auch ruhig gestohlen bleiben können. Ich ließ mich dann doch zu einem Glas Sekt und einem Wasser hinreißen. Allein auf Grund der Wärme war das notwendig.

    Die Sitzung begann und der übliche Anfangsfoo lief ab. Der übliche? Nein. Beim Beschluss der Tagesordnung wurden die Fraktionserklärungen gestrichen, um Zeit zu sparen. Dort kam das erste Mal das Ergebnis, welches im Laufe der Sitzung noch mehrfach auftauchen sollte: 48 Ja, 13 Nein.²

    Die 4 „großen“ Fraktionen entzogen den 4 Kleinen zu Beginn also erst einmal das Wort. Das kann ja heiter werden. Je länger sich das Prozedere hinzog, desto mehr sank meine Stimmung. Bei der Diskussion um die Hauptsatzung entlud sich erst einmal viel Frust. Für die Zuschauer war es vermutlich nicht so tragisch, wurde diese Beschneidung der Ausschusssitze doch mit ein paar anderen diskussionswürdigen Vorschlägen verwässert, sodass es so aussehen musste, dass es 4 oder 5 gleichwertige Streitpunkte gab. Außerdem wurde im Laufe der Diskussion die Sitzung unterbrochen um zu einer Demonstration vor den roten Turm zu gehen, bei der unter anderem die Betreuungsschlüssel von Kitas und Schulen besprochen wurden. Natürlich ist das eine schöne Geste, das Timing war aber eben sehr passend. Es regte Gemüter ab, nahm den Druck aus der Sitzung und nahm natürlich auch die Presse mit vor die Tür. Nach einer halben Stunde ging es mit dem gleichen Tagesordnungspunkt weiter und mit den 4-5 Änderungsthemen daran.

    Andreas Wolf und Ich einigten uns im Vorfeld mit der FDP, das Herr Dr. Füsslein die Gegenrede und Alternativvorschläge einbrachte. Für mich kann ich sagen, das es sehr gelegen kam, da dieser darin auch mehr Erfahrung und vielleicht auch etwas mehr Respekt im Rat genoss. Seine Vorschläge wurden auch von allen kleinen Fraktionen getragen, nur nicht von den anderen. Er sprach von juristischen wie auch praktischen Konsequenzen und das die Bundesregierung es vormache, wie es richtig geht. Hier war davon die Rede, das die Opposition durchaus in Bereichen mehr Rechte eingeräumt wurden.  Dazu sagte er: Eine Nicht-Spiegelbildlichkeit der Ausschüsse würde in einer Neubesetzung resultieren und sollte es doch wider erwarten so bleiben, würden die Kleinen eben die Ausschussarbeit in den Stadtrat holen und die Arbeit hier entsprechend zäh gestalten. Davor hätte er keine Skrupel.

    Diese letzte Drohung sollte verpuffen, denn es wurde sehr schnell klar, das es sich bei dieser Sitzung auch um ein Machtspiel handelte. Viel zu oft registrierte ich auch kindisch gespielte Ablehnung und Entrüstung, durch sich immer im gleichen Takt und demonstrativ schüttelnde Köpfe. Die Sitzung war kaum mehr als eine Vorstellung, eine Show zur Eröffnung der Legislatur. Natürlich wurden wir abgewatscht und 13 Sitze in den beschließenden Ausschüssen sowie das Losverfahren wurden bestätigt. Dazu wurde aber auch beschlossen, das Stadträte bei Gesellschafterversammlungen der städtischen Unternehmen anwesend sein konnten und das es einen beratenden Vergabeausschuss geben soll.

    Irgendwann kam man zu den Ausschusssitzen. Es gab nun nur noch ein Los im Loskarton³ pro Ausschuss. Die Chance war groß, das nicht eine der kleinen Fraktionen da etwas ab bekommt. Im Endeffekt kam es zumindest ein wenig anders. Von einer Spiegelbildlichkeit kann aber keiner sprechen.

    Die FDP gewann 3 Sitze, die AfD 2 und meine Fraktion Einen. Zum Glück möchte die FDP weiterhin Widerspruch einlegen. Die FDP erhielt den Kultur- und Sportausschuss, den Planungs-, Bau- und Umweltausschuss sowie den Betriebsausschuss. Die AfD den Verwaltungs- und Finanzausschuss sowie den Schulausschuss. In meinen Augen wäre da eine unpassendere Kombination kaum möglich. Wir haben dabei übrigens zumindest den Lieblingssitz meines Fraktionsvorsitzenden erreicht, den Sozialausschuss.

    Bei jedem dieser Tagesordnungspunkte lehnte die letzte Reihe das Losverfahren ab und alle davor stimmten zu. Wo wir wieder beim Problem wären. Aus der rechten Ecke kam eine Bemerkung, die mich wieder ins Grübeln brachte. Die Bürgermeisterin betonte jedes Mal „eine Einigung über die Besetzung der Ausschüsse fand nicht statt“. Eine Einigung wäre auch, vor dem Hintergrund der unklaren Situation in der Sitzung, nicht klug gewesen, daher hatten alle Kleinen, bei beinahe allen Ausschüssen, Vorschläge eingereicht. Diese konnten in der Sitzung dann weder ergänzt, noch zurück genommen werden, was eine Einigung de facto sogar unmöglich machte, bei Veränderung des Verfahrens. Der juristische Knochen für die Landesdirektion wird also etwas dicker.

    Ich wurde als Vertreter in den beratenden Ausschüssen bestätigt. Dort konnte eine Person pro Fraktion entsandt werden. Das sind zum einen der Petitionsausschuss und zum anderen der Strategieausschuss Verwaltung 2020.

    Weiterhin kam eine Vorlage über die Anpassung der Gesellschafterverträge dran, diese wurde zurückgezogen. Zum Glück, sollten dort doch alle Arbeitnehmer aus den Aufsichtsräten gekegelt werden. Nach der Sitzung setzten wir 3 uns noch einmal kurz im bisherigen Büro von Andreas Wolf zusammen, um zu beraten. Es wird diesen Monat noch eine Sitzung geben und dort wollen wir das weitere Vorgehen koordinieren. Natürlich war das Thema Ausschüsse der Aufhänger für die Sitzung, sind sie doch eine der wichtigsten Grundlagen für eine Mitwirkung in den Entscheidungsprozessen des Stadtrates. Warum? Das zeigt diese Sitzung hier ja recht genau.

    Bis demnächst mal wieder …

     

    1 Die Spiegelbildlichkeit ist eine Vorgabe der Gemeindeordnung, welche festlegt, dass alle Ausschüsse so zu besetzen sind, dass sie auch die Mehrheiten im Ratssaal und damit das Wahlergebnis abbilden. Eine echte Spiegelbildlichkeit wäre nur bei 19 Ausschusssitzen möglich, da sonst den kleinen Fraktionen kein voller Sitz zusteht. Da diese aber sicher nicht in jedem Ausschuss unbedingt mitreden müssen, auf Grund der dünnen Personaldecke, wäre eine Lösung mit weniger als 19 sicher auch möglich gewesen.

    ² Die kleinen Fraktionen + der NPD-Vertreterin entsprechen genau 13 Räten und damit 23,75% der Wählerstimmen zur Stadtratswahl. Der ganze Rest stellt 48 Stadträte.

    ³ Der Loskarton: Ein Pappdeckel von einem Karton für Druckerpapier, relativ flach. Darin: Umschläge mit jeweils einem Los drin, also eher schlecht mischbar. Den Karton hielt unter anderem die Oberbürgermeisterin. Gezogen wurde von Eberhard Langer, dem dienstältesten Mitglied des Stadtrates.

    # Da ich nicht auf jedes Detail der Sitzung einging: Hier wird demnächst das Protokoll erscheinen und hier ist der Rest der Tagesordnung ein zu sehen.


  • Wahlkampf – Endspurt

    Langsam gehen wir alle auf dem Zahnfleisch…
    Es hängt ein 15m langes „Piraten Wählen“ am Contiloch, wir haben mehr Plakate gehängt als zur Bundestagswahl, Störer plakatiert und gehängt, es wurden Poller verschönert, es wurde dreist und gründlich beinahe jeder relevante* Haushalt mit Flyern versorgt und voraussichtlich schmücken wir einen Tag vor der Wahl Titelseiten von Zeitungen. Die Kandidaten haben mehr Podien besucht, als wir zur Bundestagswahl überhaupt Einladungen zu Selbigen bekommen haben und wir haben uns Alle zusammen ins Zeug gelegt, um zu zeigen das wir ein Herz für Chemnitz haben. Dazwischen gabs noch Demobesuche, ständige Kurierfahrten, Anrufe zu interessanten Tages- und Nachtzeiten, Infostände die wegen unbarmherzigen Wetter abgebrochen werden mussten, durchaus fordernde Gespräche mit Anwohnern und zudem hat man natürlich immer den politischen Mitbewerber im Auge gehabt. Es wurde ein 3D-Drucker heran gekarrt um die neue Welt des Internets der Dinge zu zeigen, wir haben unser Logo in 10m Durchmesser an Polizeistationen gebeamt und das nimmt alles noch kein Ende. Man muss dazu bemerken, dass kaum Jemand von uns dafür wirklich viel Urlaub nehmen konnte. Das heißt also Vieles spielte sich während der Arbeit, nach der Arbeit und bis tief in die Nacht ab.

    Wir haben uns aufgerieben, nicht nur an der Arbeit, sondern auch aneinander. Ich könnte verstehen, wenn einige Menschen für ein paar Wochen ans andere Ende der Welt flögen.
    Ich will das alle, die hier mitgewirkt haben, Erfolg ernten. Diesmal muss es einfach besser aussehen als im letzten September. Ich beschönige hier nichts und ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Die PIRATEN in Chemnitz haben ihr Bestes gegeben um den Wähler zu überzeugen. Nur noch ein Tag, dann bist du dran Chemnitz. Zeig uns, das es sich gelohnt hat.

    * relevante Haushalte: 240.000 Einwohner / geschätzt 1,7 = Haushalte / 8 Wahlkreise * 6 Wahlkreise in denen wir zur Kommunalwahl antreten - Haushalte die keine Werbung möchten


  • Den Brühl zurück erobern!

    Der Brühl hat eine lebendige Geschichte und beste Voraussetzungen um zum Kiez von Chemnitz zu werden. Leider ist das nicht der Plan von GGG und Stadtoberhaupt Frau Ludwig.

    Die zusammenhängenden Quartiere, die breite Fußgängerzone, die Häuser und damit auch der Wohnraum sollen für eine generationenübergreifende Bewohnerstruktur und ständige Kompromisse verschwendet werden. Das zeigen nicht nur Investoren, sondern auch die Architekten und bisherigen Pläne. Das erste Karree ist zur Hälfte für Studenten gestaltet worden, danach hört es mit den günstigen Mieten aber schon auf. Statt große WG-Wohnungen und Häuser mit Wohnheimcharakter werden ab jetzt “hochwertige, familienfreundliche Wohnungen” gebaut, die man selbstredend teuer vermieten kann.

    Natürlich hätte eine Belebung von unten schon viel eher passieren müssen. Statt Objekte ab zu stoßen und einzelne Investoren auf dem Brühl Eigeninteressen entwickeln zu lassen hätte man einfach den Wohnungsbestand in seiner mäßig sanierten Form frei geben können. Stattdessen waren trotz miesem Zustand die Mieten der Umgebung entweder innerhalb des Chemnitzer Durchschnitts oder die Wohnungen gar nicht im Angebot.
    Junge, kreative Geister, am Rande der prekären Existenz brauchen meist nicht die neuesten Fliesen und das 08/15-Laminat, aber natürlich gibt es von Ihnen nicht so viele. Diese kreativen Geister, hier am Beispiel von Leipzig, locken über kurz oder lang aber weitere Menschen an. Ich nenne sie hier mal Hipster. Diese sind schon in größerer Zahl da und machen alles, auch das Wohnen, zum Trend.

    Irgendwann, wenn das Viertel diesen Charakter voll entfaltet hat werden diese Menschen natürlich auch älter, ziehen weg oder renovieren, für Partner, Familie, das Erwachsenwerden eben. Der Bedarf an teurerem Wohnraum steigt automatisch damit an. So lange wartet aber ein Investor nicht gern. Diese Entwicklung nennt man auch die natürliche Gentrifizierung im Gegensatz zum viel gescholtenen Prozess, den Investoren künstlich anstoßen und Viertel aufwerten, ohne Bewohner oder ein Gesamtkonzept zu haben.

    Der Vorteil der natürlichen Entwicklung wäre das Erschließen von Potential und Zuzügen von Außen, denn wenn Chemnitz hipp ist und eine spannende Umgebung für Studenten und junge Menschen bildet und diese sich untereinander wohlfühlen, und nicht von allen Seiten der Besen an Wände und Decken klopft, entfaltet sich auch ein Gefühl von einem vielgeliebten Umfeld. Das erfordert den Mut zur Urbanisierung, zu etwas mehr Dreck in einem Viertel, ein Einkalkulieren von etwas Drogenkonsum, durchfeierter Nächte und eben einer lebendigen Umgebung die nicht Jedem zusagt. Wenn das erst einmal läuft, wird es beim Generationenwechsel zu einer Wanderbewegung kommen. Das hippe Viertel wird durch Chemnitz wandern, eben immer dahin, wo die Häuser in mäßigem Zustand und die Mieten niedrig sind, aber nirgendwo bleibt das so für immer. Lange Rede kurzer Sinn: Man muss irgendwo anfangen etwas zu zu lassen, statt überall Kontrolle aus zu üben und es jedem Recht machen zu wollen. Das Ganze hätte dann sogar noch mehr Synergieeffekte, wie z.B. mit der Kreativwirtschaft. Diese lebt von Kreativität, neuen Ideen, einem spannenden Umfeld und günstigen Mieten und hat in Chemnitz inzwischen schon mehr Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung als produzierendes Gewerbe. Das VDSL auf dem Brühl ist dabei sicher auch hilfreich ;-)
    Dazu ist diese Graswurzelkultur ein Hort von Toleranz, Fortschritt und Weltoffenheit, den unsere Stadt wirklich gebrauchen könnte.

    Wie kann man jetzt noch entgegen steuern?

    Die Mieter machen die Musik. Familienfreundlicher Wohnraum könnte auch eine tolle Option für WGs abgeben und aktuell gibt es einige leere und günstige Wohnungen z.B. in der Hermannstraße, wo die Leute, die sich am Atomino gestört haben, ausgezogen sind. Das wirksamste Mittel ist einfach das Viertel mit den richtigen Bewohnern zu füllen und es den Investoren schwer zu machen, an Diesen vorbei zu planen. Alternative Kultur muss seinen Weg hier her finden, der Kultursommer muss Schule machen und quirlige Läden und Bars eröffnen. Ich würde im Stadtrat auch für einen Cannabis Social Club, Spätshop und erneuten Einzug des Atominos streiten. Den neuen Anfang macht aktuell gerade das Café Brühlaffe. Ein vegetarisches und möglichst nachhaltig geplantes Kaffeehaus mit Musik und Workshops. Ohne eine Bar und einen Club in der näheren Umgebung wird es allerdings schwer für den Affen. Von einem Sommerfestival allein wird es sich nicht halten können. Die Brühlpioniere, das Musikkombinat, Kooperation im Quartier und viele Andere brauchen noch Unterstützung und die Piraten sind natürlich auch gern dabei wenn Club-Mate-Vodka ausgeschenkt wird ;-)

    Also bitte: Zieht mit ein, macht euer Ding, rettet den Brühl für ein nachhaltig wachsendes Chemnitz und gegen ständige Kompromisse.