Ein wenig ironisch scheint es mir ja doch, wenn das Bürgermeisteramt mich ein paar Stunden vor der nächsten Entscheidung zugunsten des Chemnitzer Fußballclubs anruft und nach meiner Befangenheit fragt. Habe ich in der Vergangenheit etwa Zweifel daran gelassen, dass ich unbefangen und besonnen entscheide? ;-)
Aber zur Historie: 2011 beschwerten wir uns als Piraten über die undurchsichtigen Entscheidungen zugunsten des Chemnitzer Fußballclubs. Bereits dort war ein gewisser Jürgen Rotter in den Gremien des Vereins verwurzelt und nicht gerade glücklich über diesen Schritt. Es folgten viele Entscheidungen, in denen penibel auf Befangenheit geachtet wurde. Ein kleiner Sieg für mich als damaligen Vorsitzenden der Piraten in Chemnitz. Nun hatten wir zwar nicht mit unserer ersten Annahme recht, denn ehrenamtliche Aufsichtsräte sind nicht von Verordnungen oder Gesetz in diesem Falle erfasst, aber es wurden weitere Befangenheitsgründe aufgedeckt und das Verhalten im Stadtrat grundlegend verändert.
Und jetzt alle Karten auf den Tisch: Es handelt es sich bei Jürgen Rotter um meinen Vater und Mitglied des ehrenamtlichen Ehrenrates des Vereins, mit dem ich ein offenes und gutes Verhältnis pflege. Wie er aber sicher auch ein ums andere Mal betonen musste, heißt das nicht, dass man sich immer einer Meinung ist. Und in der Politik geht es genauso selten um Schwarz oder Weiß, sondern um das Abwägen von Argumenten und Beziehen von Stellung.
Vor ein paar Stunden rief nun Jemand vom Bürgermeisteramt an und befragte mich zu diesem Verwandtschaftsverhältnis. Man wolle ja eventuelle Anfechtungsgründe ausräumen und auch einen schlechten Anschein mir Gegenüber auf keinen Fall riskieren. <ironie> Na wenn das nicht nach ernsthafter Besorgnis um mein Wohlergehen klingt </ironie>. Was soll ich dazu nun sagen? Ich habe mir das nun ziemlich genau überlegt:
Ich werde bei der folgenden Entscheidung nicht ohne Beschluss den Saal verlassen. Denn diese Aktion wäre tatsächlich ein Zeichen von Befangenheit. Denn damit würde ich ja versuchen Nachteile, die mir oder meiner Verwandtschaft entstehen könnten, auszuräumen. Stattdessen werde ich die beinahe Tradition pflegen und mit Nein stimmen, wenn sich mir die Möglichkeit bietet. Denn ich vertrete meines Erachtens damit die Interessen meiner Wähler und meiner Partei und damit auch meines persönlichen Gewissens. Mein Vater weiß hoffentlich, dass ich ihm damit nicht schaden will und mir dessen bewusst bin, was er wohl auszustehen hat. Und wenn es seit 2011 unserer Beziehung nicht grundlegend geschadet hat, dann wird es das jetzt wohl ebenso wenig.