Warum ich Twitter (noch) nicht verlasse.

Bei sozialen Netzwerken war ich immer ein Pragmatiker und Datenschützer. Mein Verhalten Ihnen gegenüber änderte sich allerdings schlagartig mit meiner Wahl zum Stadtrat hier in diesem lauschigen Städtchen.

Ich hatte vor 2014 einen knallharten Facebook-Boykott und vorher war Twitter auch noch nicht die große Datenkrake und erwiesener Erfüllungsgehilfe der US-Geheimdienste. Mit dieser Wahl war ich aber eine Person der Öffentlichkeit und in begrenztem Maße auch der Zeitgeschichte. Ich musste nicht nur für meine Wähler erreichbar sein, sondern man durfte ab diesem Moment auch immer von mir Fotos machen und sollte meines Erachtens auch sehen wie ich öffentlich agiere. Dazu kam plötzlich auch der ein oder andere Journalist in meinen engeren Kreis, vor allem auf Twitter.

Und das ist im Grunde auch, was mich wohl noch auf Twitter halten wird. Nicht die freundlichen Menschen mit denen ich täglich zu tun habe, denn den Großteil würde ich auch in einem politisch korrekten sozialen Netzwerk wie GNU Social über kurz oder lang wiederfinden, sondern die Etablierung des Netzwerkes über das engere soziale Gefüge hinaus. Ein Kommentar darin kann einen Tag später schon in der Zeitung XY stehen. Es laufen Feeds im Fernsehen und jede Medienanstalt pflegt und hegt die Plattform. Man bekommt Fragen und interagiert mit Nachrichtenmedien. Das ist für die Politik und mich als Politiker unschätzbar wertvoll. Und nur dafür halte ich Twitter in Deutschland auch überhaupt noch in größerem Stile für nützlich. Nutzerzahlen und Reichweite waren hier noch nie besonders groß, aber man hatte zumindest die Journalisten auf seiner Seite.

Daraus folgt für mich allerdings auch, dass ich es für unfassbar dumm hielte, wenn plötzlich der Großteil meiner Partei überwechseln würde und Twitter boykottiert. Denn was jede Partei braucht ist Wirkung in die Gesellschaft, Feedback aus der Gesellschaft, Vehikel für ihre Meinung und in unserem Falle auch die offensiv transparente Politik, kurz: Reichweite. Das schafft man nur, indem man die Leute (vor allem aber die Multiplikatoren) dort abholt wo sie sind. Damit man uns folgt hätten wir diese Bewegung vielleicht vor 5-6 Jahren anstoßen sollen.

Das hört auch nicht nur bei den Partei-Frontsäuen(Den Leuten in der Presse) auf, denn die loyalen (Partei-)Kolleginnen und Kollegen, die dann die Klicks für die verlinkten Artikel generieren sind sogar noch wichtiger. Wenn ein Artikel 1000 mal retweetet(geteilt) und nur 500 mal angeklickt wurde, liegt immerhin ein offensichtliches Missverhältnis vor. Retweets helfen dem Journalisten noch nicht, seinen Arbeitsplatz zu sichern und Einnahmen für seine Plattform zu generieren. Genau dieses Phänomen haben wir aber momentan. Es gibt zu viele sogenannte Likearmys, die den Wert der sozialen Netzwerke als Meinungstransporter an sich in Frage stellen.

Aber ich komme vom Hundertsten ins Tausendste, deshalb will ich mich kurz fassen:

Ich bin abhängig!!!

Und ich will auch nicht nur meckern, sondern auch bilden und Optionen geben. Der großartige Patrick Breyer hat hier genau aufgeschlüsselt, wo bei Twitter das Problem liegt und wie es sich aktuell verschärft hat. Und hier könnt ihr mich zukünftig über GNU Social und Mastodon erreichen, wenn ihr den Schritt doch wagt oder lieber dort Kontakt halten wollt: ToRo auf Mastodon