Ein-Themen-Partei: Cleverer Hack oder Mogelpackung

Ach ja. Es ist gut 8 Jahre her, da wurde meine eigene Partei als Ein-Themen-Partei verschrien. Das war sie eine kurze Weile vielleicht auch, aber nicht mehr, seit sie auch flächendeckend zu Wahlen antrat. Das hatte einen ganz einfachen Grund. Die angewachsene Anzahl der Mitglieder hatte mehr Interessen und auch die Wähler hatten zwar Vertrauen, aber wollten auch bei ihrem Herzenswunsch keine Mogelpackung. Das Ganze wurde gepaart mit dem charmanten Gesicht von Marina Weisband auf einer historischen und gefeierten Pressekonferenz -> Boom 13%!

Der Umfragebalken stieg noch an, sank dann aber auch rapide aus vielerlei Gründen. Jetzt ist aber die spannende Frage: Schafft es eine Ein-Themen-Partei überhaupt auf nennenswerte Prozentzahlen? Ist eine BGE-Partei ein Hack oder im Grunde eher Unfug? Ich versuche mich mal in einer „Experten“-Einordnung.

Die Wähler wollen keine Mogelpackung. Diesen Einwand wimmelt die BGE-Partei damit ab, dass man verspricht sich nur für diese eine Sache einzusetzen und sich dann aufzulösen. Nirgendwo aber wird schwarz auf weiß festgehalten, was die eventuell gewählten Abgeordneten tun, wenn sie dann noch immer im Bundestag sitzen. Weiterhin den Steuerzahler Geld kosten und ihre Zeit dort abfeiern? Vom Abgeben des Mandats ist nirgendwo die Rede. Dazu wäre jede Zusage vor der Wahl in dieser Hinsicht auch hinfällig, da der Abgeordnete in Deutschland rein rechtlich einer Gewissensfreiheit unterliegt. Auf Druck durch seine Partei oder andere Personen muss er nicht reagieren. Dazu kommt, dass die nicht nur bei der Bundestagswahl antreten. Die Partei war tatsächlich auch schon auf den Wahlzetteln des Saarlandes und in Nordrhein-Westfalen. Ein weiteres Indiz dafür, dass man typische Parteiarbeit leisten und sich festigen will.

Aber vielleicht sind die Leute ja doch ganz in Ordnung?

Ich kann nur von Eindrücken der Kandidaten hier in der Umgebung ausgehen, die ich durch langjährige Bekanntschaft und auf einem Podium hier gewann. Denn über Personen spricht man in der BGE-Partei sehr selten.
Wenn man auf grundlegend staatskritische Chauvinisten, die mit Begriffen wie „freie Marktwirtschaft“ um sich werfen, Bildung privatisieren wollen, dann und wann einen homophoben Scherz ablassen und sich jetzt plötzlich für ihre Kandidatur schicker kleiden als sonst, dann findet man die Kandidaten vermutlich total knorke. Das BGE lockt eben nicht nur Linke an.

Will ich diesen Menschen wählen? Das ist die Frage, die sich meiner Meinung nach jeder auch bei einer Ein-Themen-Partei stellen muss. Da mag das durchaus ein politischer Mensch sein. Ich kann auch nicht verhehlen, dass einige seiner Ansichten zum Thema Bildung und Naturschutz ganz in Ordnung sind. Aber ist das auch ein sozialer Mensch, der sich da zur Wahl stellt? Einer der sein Mandat einfach abgibt, nachdem er einen Antrag im Bundestag gestellt hat? Naja …

Aber der Schaden, den einzelne Leute anrichten können ist doch ungemein kleiner im Vergleich zum Erfolg des BGE!

Schön wärs. Ein BGE auf dem Wahlzettel muss leider darum kämpfen, ob es überhaupt die Grenze der Parteienfinanzierung durchstößt. Aktuell spielen sie trotz wirklich guter Presse und bundesweiter Motivation absolut keine Rolle in Umfragen. Und ich muss sagen: Selbst eine BGE-Partei, welche die 5% überschreitet und einzieht, kann in meinen Augen viel mehr als Gegenargument gelten, vor allem wenn die handelnden Personen zweifelhaft sind. Das ist meine Erfahrung mit diesem System. Sobald die Presse das Narrativ aufnehmen würde, dass da nur 5% und auch nur Spinner das BGE fordern, sind die Umfragen mit über 70% für ein BGE schnell vergessen und die öffentliche Meinung nachhaltig beschädigt.

Und nun?

Das Grundeinkommen ist ein Marathonthema. Die Umfragen und Feldversuche sprießen überall aus dem Boden. Aber sicher tun sie das nicht, weil eine Partei mit kaum messbaren Unterstützern existiert. Sie sprießen, weil die Zeit für dieses Thema reifer wird und es immer logischer erscheint. Genau diesen Punkt in der Zeit kann die Politik meines Erachtens um maximal 5-10 Jahre verschieben. In allen Parteien wird das Thema schon diskutiert. Vielleicht ist in der einen oder anderen Partei da noch ein Wechsel beim Personal notwendig, aber Wohlwollen gibt es überall. Die einen zeichnen einen langsamen Übergang über andere Maßnahmen, andere wollen erst einmal mit Sanktionsabbau starten, wieder andere reden über Enquete-Kommissionen und einen massiven Umbau des Sozialstaates. Aus diesem Grund konnte man BGE aber schon immer wählen. Und als erstes konnte man es bundesweit 2013 mit den Piraten wählen. Auch dieses Mal steht es wieder als eine Säule der Sozialpolitik im Programm. Warum schreiben es die anderen dann nicht auch ins Programm? Weil sie das Thema noch nicht für wahlentscheidend und dessen politische Vertretung für zu unbedeutend halten.

Meines Erachtens wird der Hack zur kleinen Malware. Wenn ich das nächste Mal einen BGE-Infostand treffe, dass frage ich die mal, was sie nach der Wahl mit der staatlichen Parteienfinanzierung machen, wo man die parteiinternen Geldströme einsehen kann und ob sie den schriftlichen Rücktritt des Kandidaten schon in der Schublade haben. Gern gebe ich euch die Antwort weiter. ;-)