Schlagwort: Piraten

  • Bereit.

    Bereit.

    Ich habe mich entschieden und ich bin bereit. Ich trete wieder einer Partei bei. Vor inzwischen 2 Jahren habe ich bereits einmal einen Schritt verargumentiert, nämlich meinen Beitritt zur Fraktionsgemeinschaft BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

    Sie sind meines Erachtens energisch dabei, die Diskussionen weg von Angst und Hass in Richtung Verständigung und Vielfalt und der drängenden Herausforderungen unserer Zukunft zu lenken. Allem voran geht es da um den Klimawandel und auch das Aufwerfen von Fragen unseres zukünftigen Zusammenlebens in Sachen Mobilität, Konsum und sozialer Absicherung.

    Blogartikel Chemnitz für Alle

    Damals betrachtete ich das vor allem aus dieser, aber auch aus einer praktischen Perspektive. In der Fraktionsgemeinschaft konnte ich meine Arbeit ungehindert fortsetzen, sie eher sogar vertiefen und besser machen als vorher. Im Gegensatz zu meiner letzten Amtszeit sitze ich in Aufsichtsräten, beschließenden Ausschüssen und bekomme auch Verantwortung von meinen Fraktionskolleg*innen übertragen.

    Ich fühle mich aufgehoben

    Dazu habe ich inzwischen gemerkt, dass es auch menschlich gut klappt. Ich habe großes Vertrauen aufbauen können und merke immer wieder, dass man aus den Reihen der namensgebenden Partei den Respekt erntet, den man selbst gibt. Da gibt es keine für mich unüberwindbaren, politischen Fronten bis in die unterste Ebene, welche die Zusammenarbeit für die gemeinsamen Ziele behindern. Und was mir auch sehr wichtig ist: Es werden grundsätzliche Dinge wie die liberale Demokratie nicht in Zweifel gezogen.

    Natürlich habe ich auch Bauchschmerzen mit gewissen Dingen, wie dem Beschluss zu den NSU-Akten in Hessen. Aber man tritt ja nicht einer Partei bei weil sie 100% vertreten was man will, denn das gibt es sowieso nicht, sondern auch um Mitarbeit anzubieten und vielleicht selbst auch Einfluss zu nehmen und mitzuwirken. Also habe ich mich entschieden, dass ich den Grünen beitreten will. Übrigens ist das bisher erst meine zweite Partei, anders als meine Umtriebigkeit vielleicht vermuten lässt.

    Gerade jetzt?

    Die Bundestagswahl hat natürlich auch einen gewaltigen Einfluss auf meine Entscheidung. Die Klimakatastrophe ist da und die Zeit für den notwendigen, sozial-ökologischen Umbau verrinnt. Um zwischen 2032 und 2035 klimaneutral zu werden sind gewaltige Kraftanstrengungen notwendig. Bei einer weiteren Kleinpartei würde sich meine Zeit für mich da verschwendet anfühlen und am Ende weiß ich genau was ich NICHT will.

    Da haben wir einen Kanzlerkandidaten der Union, welcher bereits in seinem Amt als Ministerpräsident versagt. Der eine gewaltige Historie an Betrug, Lügen, Unfähigkeit und Korruption wegzugrinsen versucht. Wir haben einen Kanzlerkandidaten der SPD, welcher Brechmittel für ein menschenrechtlich einwandfreies Mittel hält und versuchte, zu den G20-Protesten Journalisten als Denunzianten darzustellen. Von Wirecard und CumEx will ich mal gar nicht erst anfangen. Im besten Falle ging da dem amtierenden Finanzminister viel Steuergeld flöten.

    Nicht zuletzt würde das Triumphieren von einem der Beiden wohl auch ein trauriges Licht auf den Fortschritt unserer Gesellschaft in Sachen Gleichberechtigung werfen. Selten konnte man Misogynie und fadenscheinige Desinformation so gut bei der Arbeit beobachten wie in den Gegenkampagnen zu den Grünen. Annalena Charlotte Alma Bearbock ist eine starke Persönlichkeit und eine die das wichtigste Amt im Land tragen kann, davon bin ich überzeugt. Und seit dem Auftauchen der Plakatkampagne mit den verwelkten Blumen hab ich den Drang, das auch in die Welt zu tragen und bekräftigen zu wollen.

    Für mich ist Sie, vor allem unter der bereits genannten Auswahl, mit Abstand die beste Wahl für die Nachfolge der amtierenden Kanzlerin. Sie hat sich bisher nur einen echten, wahltaktischen Fehler geleistet: Nicht auch ein paar Springer-Schreiberlinge in der eigenen Tasche zu haben. Dass sie davon abgesehen hat, würde ich ihr allerdings auch nicht vorwerfen.

    Bereit. für Inhalte und eine verantwortungsvolle Regierung

    Aber genug von diesen Diskussionen auf Basis von Persönlichkeiten. Woche für Woche legen die Grünen neue inhaltliche Vorschläge vor, wie etwa die Bildungsoffensive oder das Klimaschutzsofortprogramm, die in der öffentlichen Wahrnehmung IMHO zu wenig Resonanz finden. Sie sind tatsächlich die einzige Partei die das tut und das auch noch mit Ankündigung. Als Jemand der einst in einer Kleinpartei für den politischen Wandel gestritten hat und erst in Offensive und später in Abwehr „Themen statt Köpfe“ forderte, ist dies am nächsten an einem für mich idealen Wahlkampf und Auftritt. Die Grünen sind in der jüngsten Zeit auch enorm gewachsen, mit und an anderen gesellschaftlichen Bewegungen, mit und am technologischen Fortschritt, mit und durch Verantwortung.

    Eigentlich wollte ich noch ein wenig warten und überlegen, doch jetzt kam noch Afghanistan dazu, eine blutige Staatsübernahme durch die Taliban, welche die Grünen mit einem Antrag im Juni bereits antizipiert hatten. In diesem Antrag forderten sie eine großzügige Aufnahme afghanischer Ortskräfte, die für deutsche Behörden und Organisationen arbeiten oder gearbeitet haben. Was sich stattdessen abspielt ist Verantwortlichkeitsgerangel, Fingerzeigen und Untätigkeit, die Menschenleben kosten wird, ähnlich wie bei der kürzlichen Flutkatastrophe.

    Um es mal etwas zusammenzufassen: Der Parteibeitritt zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt für mich einen neuen Weg dar, politisch für einen Fortbestand der Menschheit, sozial verträglichen Staatsumbau und die Menschenwürde respektierendes und verantwortungsvolles Regierungshandeln zu streiten. Auch viele liebe Menschen in meinem Umfeld, denen kürzlich ihre Menschenwürde von der Bundesregierung verweigert wurde, hab ich da im Hinterkopf. Eventuell schafft man es auch dabei den Glauben in die Demokratie und das politische System zu verbessern. Und Spaß macht es ja vielleicht auch … ACAB for Kanzlerin! ;)


  • Letzter Landgang.

    Letzter Landgang.

    tl;dr: Ich bin ab April kein Mitglied der Piratenpartei mehr.

    Das war ne wilde Zeit. Ich war 21, als ich zu dieser Partei stieß und kurzerhand den Kreisverband(bei anderen Parteien Stadtverband) mitgründete. Ich war 22, als ich zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde und ich war 23, als ich der Vorsitzende dieses Verbandes wurde. Mit 24 ging ich dann in den Landesvorstand, aber nicht ohne auf Kreisebene noch ein paar wichtige Änderungen anzustoßen, wie z.B. ein Büro auf dem Brühl anzumieten und die Aufgaben in gute Hände zu legen.

    Allein in dieser Zeit hab ich 4 Wahlkämpfen beigewohnt oder sie mit organisiert und dabei den großen Aufstieg der Piraten miterlebt. Als sie 2011 mit 7% in die regelmäßigen, bundesweiten Sonntagsfragen einstiegen und auf bis zu 13% kletterten. Ich hab die Berliner im Wahlkampf besucht, kurz vor dem historischen ersten Einzug in ein Landesparlament. So eine hoffnungsvolle Zeit war das. Die Bühnen und Parteitage waren riesig. Und ich durfte sie mit organisieren.

    Abgesang

    Als diese Zeit vorüber ging, und wir aus diesen Parlamenten wieder raus gewählt wurden, fühlte ich mich noch immer verantwortlich. Es war schon tief innerhalb des Abgesanges der Partei, als ich 2014 das erste Mal in den Chemnitzer Stadtrat gewählt wurde. Aber irgendwie war es noch immer hoffnungsvoll. Die AfD spielte noch keine große Rolle, die Gesellschaft war noch in einem vollkommen anderen Zustand. Ich organisierte weiter Parteitage, trat wegen „Irgendwer muss es ja tun“ für den Landtag an, dann 3 Jahre später aus dem gleichen Grund für den Bundestag. In dieser Zeit lockten wir immer wieder auch neue Leute in die Partei. Irgendwie ging es schon weiter.

    Es war mir zu der Zeit klar, dass wir keine Mandate holen würden. Aber es war schon wichtig auf 10% der Podien mit zu sitzen und Kontra geben zu können, wenn es nötig war. Immer öfter auch musste man krude Thesen von AfD-Freunden aus dem Publikum entkräften und dabei auch zeigen, dass man konstruktiv Einfluss nahm. Man saß zwangsweise als außerparlamentarische Opposition zwischen den Stühlen „Die Regierung ist scheiße!“ und „Die AfD ist das völlig falsche Mittel dagegen!“.

    Die Gesellschaft kippte, die Partei nicht

    Heute weiß ich, dass man in diesem Zwiespalt als Partei nicht wirklich agieren kann ohne sich stark anzupassen. Man wird zwangsweise zerrieben. Das Einzige was dagegen half war die Präsenz. So 0,x% Stammwähler hatte man. Da wo man präsent und gut vernetzt ist ging es bis 3% hoch, in nem kleinen Wahlkreis vielleicht auch mal bis 5. Höher zielen war aber unmöglich geworden. Denn Vernetzung erreicht man am besten mit Einfluss. Ein Teufelskreis.

    Die Gesellschaft kippte. 25% der Menschen wählten hier plötzlich Rassisten, Faschisten und Antidemokraten. Die Partei kippte aber nicht mit, weder in die eine, noch in die andere Richtung. Die verblieb stur auf dem Erreichten und versuchte in dem Bereich wieder Stärke zu finden. Man könnte sogar sagen, sie stoppte abrupt die Weiterentwicklung. Ohne die Artikel 13 Geschichte hätte es auch vielleicht nicht für den einen Sitz im Europaparlament gereicht. Die Leute die diese historische Veränderung spürten und darauf eingehen wollten verließen aber eher die Partei.

    Chemnitz für Alle

    Seit der Bundestagswahl 2017 hat sich in meinem Mindset Vieles verändert. Die Piraten waren für mich nicht mehr die Antwort auf die Fragen der aktuellen Stunde. Man machte es mir teilweise sogar zum Vorwurf, dass ich ja doch nur der Pirat bin. Gleichzeitig ging es dem Kreisverband immer schlechter.

    Aber ich hatte Verantwortung. Für meinen Kreisverband, für viele Menschen um mich herum, für diese Stadt. Die Menschen und die Stadt mussten aber überwiegen. Aus dem Grund versuchte ich mit denen, die mir verblieben, diese notwendige Veränderung doch zu vollziehen. Seit dem Moment reifte auch Chemnitz für Alle. Ich suchte größere Netzwerke und wollte den radikalen Gegenentwurf zur AfD bieten. Die anderen Parteien waren auch ziemlich beeindruckt. Die FDP sagte z.B. wir seien „Marketingprofis“, in der Linken rechnete man uns 5 Sitze im Stadtrat aus.

    Schlussendlich wurde es wieder nur ich, da es nicht deutlich mehr Prozente wurden. Das hat mich selbst sehr enttäuscht. Aber ein Erfolg war es trotzdem. Denn wir hatten tatsächlich deutlich mehr Wählerinnen und Wähler erreicht. Wo es 2014 nur 4800 Stimmen waren, waren es diesmal fast 7000. Durch die enorm gestiegene Wahlbeteiligung waren das nur 0,08% mehr, aber ohne diese Veränderung und Anstrengung, wäre uns die gestiegene Wahlbeteiligung wohl kaum zugute gekommen.

    Neue Verantwortung

    Eigentlich sollte die Idee zu Chemnitz für Alle schon im Herbst des Jahres 2018 an die Öffentlichkeit. Doch dann kamen die furchtbaren Ereignisse infolge des Chemnitzer Stadtfestes. Damit man nicht wie Opportunisten aussah und das Parteienspektrum noch mehr zersetzte, lief Vieles auf Sparflamme.

    Alle Energie, alles Geld, alle Zeit floss danach aber in Chemnitz für Alle. Am Ende war vom Piratenkreisverband nichts mehr übrig. Nicht einmal mehr Menschen, die für diesen Verband Verantwortung übernehmen wollten. Diese Leute waren Teil von Chemnitz für Alle, zusammen mit Neuen Gesichtern.

    Was passierte nun mit dem Piratenverband?

    Der Verband beschloss, Ende letzten Jahres auf einer Hauptversammlung, sich aufzulösen. Dazu musste eine Urabstimmung durchgeführt werden. Jedes Mitglied hatte jetzt einen Brief im Briefkasten, auf dem es ankreuzen kann, ob der Verband bestehen bleiben soll. Ich habe zu meiner Stimme auch meinen Parteiaustritt eingepackt.

    Ich bin nicht mehr in der Lage, als Vorbild oder Ermutigung für Parteimitglieder zu dienen oder neue Mitglieder zu werben. Die Struktur lässt sich auch nicht weiter transformieren. Das nehme ich ihr nicht übel. Denn nicht in jedem Bundesland spürt man diesen Veränderungsdruck so stark wie hier.

    Und nun?

    Nun, ich hab noch etwa 4 Jahre Amtszeit und Chemnitz für Alle existiert noch. Das könnte mir als Basis genügen. Vielleicht tut es das, vielleicht auch nicht. Aber nach den 10 Jahren mache ich mir die Entscheidung nicht einfach, das könnt ihr mir glauben. Der Schritt, dieses hochpersönliche Projekt jetzt so umfassend zu beerdigen, tat weh.

    Ich habe dem Landesvorstand, der schlussendlich die Verantwortung über den Kreis Chemnitz der Piratenpartei übernimmt, meine Freundschaft und Kooperation angeboten. Mehr kann ich wohl nicht tun. Ich versuche ohne Groll zu gehen, denn die Partei hat mir 10 spannende Jahre und viel persönliche Entwicklung gegeben. Machts gut.

    P.S. Ich gehe im Beitrag absichtlich nicht detailliert auf politische Forderungen oder menschliche Probleme ein. Denn meine politische Arbeit konnte ich immer frei und ohne Diskriminierung ausleben. Und ja, auch in der Piratenpartei war das nicht immer selbstverständlich, sondern ein Privileg.


  • Die Vereinbarkeit mit der Unvereinbarkeit

    Die Vereinbarkeit mit der Unvereinbarkeit

    Ich lese wieder viele negative Kommentare über Unvereinbarkeitserklärungen. Dabei finde ich diese im Moment wichtiger denn je.

    Was soll denn das? Reicht denn die Satzung nicht?

    Noch eine Unvereinbarkeitserklärung?

    Warum grenzt ihr dann nicht gleich noch von XYZ ab?

    Ja, Unvereinbarkeitserklärungen erinnern Manche an den Murmeltiertag. Im Gegensatz zu Fragen, z.B. ob die Themenbeauftragten ein Budget brauchen, tragen sie aber zur tatsächlichen, politischen Profilschärfung bei. Sie sind dazu noch ein Gradmesser für manche Menschen, ob sie in dieser Partei noch ihre politische Heimat sehen. Zuletzt haben wir viele Mitlieder verloren und einige Leute sind vielleicht durch aktuell handelnde Personen verunsichert. Die will ich auf keinen Fall verprellen. Allein dieser Umstand ist es schon wert, sich wohlwollend und offen damit auseinander zu setzen.

    Die Piratenpartei war für mich rückblickend immer eine antifaschistische Partei. Am Anfang rührte mein persönlicher Kampf da her, dass ich gegen einen totalitären Überwachungsstaat ins Feld ziehen wollte. Schnell erweiterte sich diese Ansicht durch mehr Verständnis der staatlichen Strukturen, struktureller Repression, mangelnder oder schlechter Vergangenheitsbewältigung bis zu klarem Eintreten gegen jede gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Zu Anfang waren Teilnahmen an Demos gegen Rechte, die Geschichte für ihre Zwecke und gegen die weltoffene und inklusive Demokratie richteten, für mich noch keine Selbstverständlichkeit als Pirat. Nach relativ kurzer Zeit waren sie es. Ich weiß nicht, ob diese Situation meiner geografischen Lage im Land geschuldet ist, aber ich sah darin einfach eine Notwendigkeit.

    Kante musste gezeigt, die Bevölkerung aufgeklärt und Menschen beschützt werden. Für mich ist auch der Begriff AntiFa nichts anderes als die Kurzform von Antifaschismus. Da es keine organisierte, international oder auch nur deutschlandweit agierende Organisation oder einschlägige prägende Gruppe dahinter gibt, muss man die Definition auch jedem einzelnen Menschen selbst zugestehen.
    Wir haben als Gruppe die Chance, diesen Begriff für uns so zu prägen, dass er mehrheitsfähig ist. Und ich hoffe doch, dass er es ist …


  • Die Farbe Lila.

    Die Farbe Lila.

    Sag mal, ich hab ja gehört, dass du den Artikel über Pakki geschrieben hast. Aber ich glaub, du hast das Problem nicht verstanden. Ich hab aber nur quer gelesen.

    Man könnte denken, da hat einer einen klassischen Lagerpiraten gepullt.
    Das war kein Pakki-Artikel. Wer ihn genau liest, wird feststellen, dass da auch ein Berg an Kritik drin ist, die ich nur entschuldigen kann, weil Notwendiges getan wurde und ich ihn für genau diese Aufgabe gewählt habe. Ich wollte einen echten Campaigner im Vorstand. Einen der vorprescht, Wege bereitet und im Idealfall noch Denkprozesse durch Disruption auflöst in Richtung Reboot.

    Viel krasser fand ich aber die _konkrete_ Kritik:

    Also das mit dem Lila, das ging ja gar nicht. Wir haben viel zu spät gesehen, was da abging. Das geht so nicht.

    Da kann ich nur sagen „Mission accomplished“. Das höre ich auch nicht zum ersten Mal. Ich saß schon vor Pakkis Amtszeit mit Pakki und Xwolf im Rahmen der SG-Gestaltung an einem Tisch. Wer sich mit dem Außenauftritt beschäftigen wollte, konnte das tatsächlich jederzeit tun. Da ging es auch schon um das aktuelle WordPress-Theme, das CI und eine Kampagne. Auch bekamen alle Gruppierungen, die damit arbeiten mussten, Sondervorführungen noch vor Veröffentlichungen, damit Feedback und Intervention möglich ist. Bei nur einer dieser Vorführungen auf einer Marina hab ich auch mal Co-Vorstände weit hinten in der Ecke sitzen sehen, still.

    Aber eigentlich glaube – nein hoffe ich, dass es sich bei der ganzen Lila-Frage nur um einen vorgeschobenen Stellvertreterkrieg geht. Rein formell könnte die Person, die laut Vorstandsgeschäftsordnung für die Außendarstellung zuständig ist, auch grün als Farbe wählen, den Namen und Logo streichen und das per Order Mufti durchsetzen. Die Satzung bindet nur an den förmlichen Namen und die Kurzbezeichnung auf dem Wahlzettel. Dann bringt ein Pakki auch noch Externe an, die vielleicht zu allem bereit wären und baut da irgendwas. Uff. Da hat einer so viel Macht und will auch noch etwas damit anfangen und sich nicht davon bremsen lassen, nur die eigenen Leute an die Ruder zu setzen.

    Piraten haben ganz grundsätzlich Bauchschmerzen, wenn wenige Personen zu viel Einfluss genießen, auch wenn sie das im informellen Rahmen nie erfassen oder gar regeln konnten. Wir sind so weit abgestürzt, dass Einzelkandidaten kaum noch Chancen haben. Wir tauschen nur Peergroup gegen Peergroup, mit seltenen Ausrutschern. Auf diesen ganzen Sondervorführungen hab ich aber eins kennen gelernt: Einen bescheidenen Pakki, der Unterstützung sucht und nur selten bekommt.

    Also ich würde gern noch mehr ändern. Aber das muss man breit diskutieren. Lasst uns das nach der Wahl angehen.

    Zu vielerlei Gelegenheiten hat er mir gegenüber bewiesen, dass er auf Wünsche und Kritik eingeht und auch ein paar Schritte zurück treten kann. Uns nicht mit seinen Aktionen überfordern will sondern mitziehen. Das ging manchmal schief, manchmal nicht. Aber Vertrauen wurde sich schlussendlich doch verdient, weil klar wurde, dass er nichts Böses mit uns vor hat und nur nach bestem Gewissen und Glauben handelt.

    Meines Erachtens kann es sich die Piratenpartei auch nicht mehr leisten, kein disruptives Element im Vorstand zu haben. Denn dann bekommen wir wohl keinen guten BEO, keine motivierten, neuen Mitglieder und keine Europakampagne, die wirksame Schützenhilfe für kommende Kommunalwahlen gibt und uns wieder an die Parteienfinanzierungsgrenze bringt. Und ein Problem haben diese Leute immer: Sie können nicht gleichzeitig Pionier und Befrieder sein. Das schaffen nicht einmal Personen mit dem Format eines Staatschefs. Sie sind entweder Befrieder, die Konflikte weglächeln und in Ruhe durchschiffen, oder sie sind energische Veränderer, die Dreck aufwühlen. Letztere brauchen Leute hinter und neben sich, die diesen lästigen Job des Befriedens übernehmen. Die menschlichen Schilde, Assistenten, Partner.

    Das ist auch einer der Gründe, warum ich mir eine andere Vorstandsstruktur wünsche. Damit wir wirklich den Kurs wählen können und nicht die Verwaltung. Weniger Posten, die alle naturgemäß irgendwie politisch sind aber eigentlich verwalten sollen, dafür mehr Dienstleister. Ich will Entscheider, Politiker und Kurs wählen, die einem Creative-Director Pakki dann das Gute abnehmen und das Schlechte ablehnen. Menschen die wirklich nur gestaltend tätig sind und dafür ihr Mandat von der Basis beziehen. Die auf dem Podium eben sagen können: „Also wenn ihr mich wählt, wird alles Lila und an Themen werde ich mich auf … konzentrieren“. Vielleicht könnte man dann sogar wieder sich ergänzende Personen wählen, die nicht im Team angetreten sind.

    Und im Ernst, wenn meine Hoffnung enttäuscht wird und es wirklich im Kern nur um die Farbe Lila geht, dann sollte man wirklich darüber nachdenken, ob die Piratenpartei Deutschland noch eine Existenzberechtigung hat. Und das nicht nur, weil Jene Organisationen im Ausland mit der Farbe Lila als Primärfarbe im Schnitt deutlich erfolgreicher sind, sondern weil dieser Grad an Selbstbeschäftigung mit Nichtigkeiten im aktuellen Moment einfach ein monumentaler Fail ist.


  • Dank an einen scheidenden Vorsitzenden.

    Dank an einen scheidenden Vorsitzenden.

    Da viel Scheiße darüber im Twitter kursiert, wer wie die Piraten an die Wand gefahren hat und dafür unter die Guillotine muss, hab ich mich gemüßigt gefühlt, mal eine Lanze für unseren scheidenden Vorsitzenden zu brechen.

    Zuerst: Es ist dem Wähler schnurzpiepegal was in unserem Programm steht. Es ist dem Wähler auch schnurzpiepegal, wie geil wir in den Parlamenten gearbeitet haben. Was dem Wähler ins Auge sticht ist, wie wir das in eine Werbeaktion umwandeln, wie die Medienrezeption von uns ist und ob wir uns auch als die Stimme der Veränderung darstellen können, die wir sein wollen. Das macht eine Partei wählbar.

    Weder sind Weltraumaufzüge schuld, noch Zeitreiseanträge oder Sandalen. Das sind Momentaufnahmen, die bei einigen gut und bei anderen schlecht ankommen und immer zu der Zeit kamen, als die Presse halt auch einfach ne gute Auflage hatte, wenn sie das heraus kramte. Wir haben nämlich immer dann Sensationswert, wenn wir polarisieren, also wenn man geteilter Meinung über uns sein kann und sich das zum Gespräch am Wasserspender entwickeln kann.

    Bundesparteitag 2016.2 in Wolfenbüttel

    Was wäre also die beste Möglichkeit gewesen, in unserer sich im Abwärtstrend befindlichen Partei, mal wieder Oberwasser zu spüren?

    Meines Erachtens war das: Jemanden zu engagieren, der unsere Medienrezeption radikal umzukrempeln vermag und uns so aufstellt, dass die Piraten noch immer professionell und gut aussehen. Jemanden zu wählen, der einen Ruf als zerstrittener, biestiger und nachtretender Haufen nicht noch befördert und vielleicht auch wieder ein bisschen hip ist. So Jemanden wollte ich zum 1V dieser Partei wählen.

    Was waren die Erfolge für die Partei aus dieser Amtszeit?

    • Pressekonferenzen zu denen mal wieder Presse erschien (auch wenn es natürlich wieder sogar innerparteilich polarisiert hat)
    • Ein ausgezeichneter Bundespressesprecher <3 Pascal
    • Bundesweite Aktionen (auch wenn die natürlich wieder durchwachsen ankamen)
    • Eine sehr gute (lila) Kampagne, die jener von 2013 in der Güte in nichts nachsteht, obwohl mit deutlich geringeren Ressourcen gearbeitet wurde
      • Heranziehen von Talenten für diese Kampagne
    • Eine funktionierende Vernetzung (wenn man sich ihr nicht versperrt hat) zwischen den Listenkandidaten, der Wahlkampforga, Kampagnenplanung und Pressearbeit
    • Eine Einigung auf 3 Spitzenkandidaten, die nicht dem gestiegenen Altersschnitt der Partei entsprechend zu bieder oder miefig wirkten
    • Gespräche auf Augenhöhe(!) mit anderen Parteien in unserem Spektrum, die wir im Endeffekt auch alle „überflügelten“
    • Gesprächsaufnahmen mit Multiplikatoren, die uns längst verloren schienen und uns reihenweise attestierten, dass wir noch gemocht werden
    • Ein ständiges Unterrichten der Kandidaten mit Erfolgsmeldungen und eine Zukunftsperspektive, um Motivation hoch zu halten

    Bei all diesen Sachen hat Pakki einen enormen persönlichen Anteil geleistet und stand dazu auch noch allen, die daran mitwirken wollten, ständig Rede und Antwort. Von Anfang an verlautbarte Pakki sinngemäß auf Marinas, Kandidatentreffen und anderen Gelegenheiten: „Wenn wir nicht bereit sind, einen krasseren Schnitt in der Außendarstellung zu machen, werde ich eben das Bestmögliche mit dem Gegebenen anfangen. Aber dann muss nach der Wahl dieser krasse Schnitt folgen, wenn die Piraten wieder erfolgreich werden wollen. Jetzt ist das Ziel die Parteienfinanzierung.“

    Meines Erachtens hat er das Bestmögliche aus dem Vorhandenen heraus geholt. Wir sind in 5 Bundesländern nicht angetreten. Wir waren bundesweit betrachtet nicht wirklich kampagnenfähig. Während an einigen Orten gekämpft wurde, lösten sich an anderen Orten die Verbände auf. Während ein Pakki durch die Republik tourte, und er war wirklich überall, stritt der Vorstand untereinander und kritisierte seine Alleingänge. Aber drang dies nach Außen? Meiner Meinung nach kam es nur zu kleinstmöglichen Eruptionen von Unmut und Auflösungserscheinigungen. Vieles wartete bis nach der Wahl. Das ist für mich auch ein enormer Fortschritt dieser Amtszeit.

    Sicher arbeitet es sich mit Magengeschwüren immer schlecht, das beziehe ich auf Teile der Basis und des Restvorstandes. Diese waren aber viel eher dem Druck hinter der Arbeit geschuldet und den Tempo, das wegen versemmelter Deadlines irgendwann an den Tag gelegt werden musste. Außerdem war von vornherein klar, dass ein Pakki nicht die Bundes-IT retten, den P-Shop updaten oder unser Beteiligungstool endlich einführen würde. Pakki hat aus meiner Perspektive in einem halben Jahr aber Sachen angestoßen, die schon seit 2013 hätten laufen müssen und auf mehr Schultern hätten verteilt werden können. Er hat sein Können und Wissen überzeugt und zielgerichtet eingebracht und hatte eine erkennbare Agenda. Er war in meinen Augen ein mehr als tauglicher Vorsitzender.

    Wir waren im Bundestagswahlkampf nicht die Partei der Wahl. Ruinierter Ruf, keine glaubwürdige Ergänzung oder Abwahl der letzten Regierung durch eine Stimme für uns und die mieseste Ausgangssituation für kleine Parteien, seit ich Wahlkämpfe verfolge. Der Kampf AfD gegen die im Parlament wurde aufgebauscht wie noch nie. Es überwogen die „Wählt bloß nicht die Nazis“ statt „Geht wählen!“-Kampagnen. Nur die FDP konnte sich von Außerhalb mit einem gigantischen Mitteleinsatz und noch aktiverem Mediengesicht dagegen behaupten. Auch Online siegte in diesem Jahr Geld über allgemeine Aktivität. Da wo wir aktiv waren, hüpften wir auch über die 0,5%. Da wo wir nicht sichtbar waren, ging der Stimmenanteil eben eher gegen 0,2%.

    Ausblick oder „Was würde Pakki tun?“

    Wie lautete der Plan ab diesem Punkt? Erst einmal musste man den ruinierten Ruf abstreifen, indem man sich vom Wiedererkennungswert (bis hin zu Logos, Farben, Namen) verabschiedet. Dann braucht man externe(!) Hilfe, um einen neuen Ruf aufzubauen. Dazu hat Pakki in seiner Amtszeit auch schon ein paar international anerkannte Berater angeschleppt und wie eine vernachlässigte Hauskatze umschmeichelt. Vielleicht ginge es wieder mehr in Richtung einer Bewegung, ähnlich jener, die Bernie Sanders im US-Präsidentschaftswahlkampf ausgelöst hatte.

    Wenn dieser Plan dann steht, muss die Reform folgen, begleitet von Instrumenten, die Reibungsverluste minimieren und Konsens herbei führen. Doch ganz ohne Verlust wäre dies natürlich nicht zu machen.

    Ich hänge noch sehr am Namen „Piraten“, doch ich bin bereit all diese Dinge aufzunehmen und an dieser Verwandlung mitzuarbeiten. Einerseits weil mir das Projekt persönlich wichtig ist, andererseits weil mir viele Menschen in diesem Projekt wichtig sind. Auf wen ich verzichten kann sind allerdings Jene, die unseren Untergang auf ein falsches oder zu linkes Programm oder aktuelle Einzelpersonen schieben. Die haben meines Erachtens den Schuss nicht gehört und stecken in einer Filterblase, die den Blick aufs große Ganze völlig verlieren ließ.

    Die Parteienfinanzierungsgrenze ist zur Europawahl nur greifbar, wenn wir solche harten Veränderungen durchhalten und ab dem kommenden Wochenende anpacken. Das Wichtige ist unsere Politik und unsere Zukunftsvision, nicht Orange oder ein möglichst großes Logo auf dem Plakat. Nur wenn wir als Partei in der Lage sind, so etwas zu schaffen, können wir wieder zu Höherem streben.

    Vielen Dank für deine Zeit Pakki, der Nicht-Wiederantritt ehrt dich erneut, aus meinem Blickwinkel hättest du aber ruhig bleiben können. Es gibt noch viel zu tun.


  • Danke an alle Freunde und Glückwunsch an die Mitbewerber

    Danke an alle Freunde und Glückwunsch an die Mitbewerber

    Ich danke meinen 1403 Wählern(1%) in Chemnitz und 872(0,6%) Zweitstimmen. Ihr habt meine und die Ideen und Arbeit der Piraten unterstützt und das Engagement für meine vordergründigen Themen, die auch auf meinem Plakat waren, wird nicht schwinden.

    Ich danke den tollen Mitgliedern meines Kreisverbandes für die Arbeit und das Engagement, welches in diese Wahl floss. Mit euch zusammen die Balken am Ende zu schauen ist für mich noch immer ein freudiges Ereignis und ich fühle mich bei euch Zuhause. <3

    Für viele Menschen war es eine Schicksalswahl. Für einige sieht es so aus, als wäre Kaltland noch kälter geworden. Aber dieser Verdruss und der Wunsch nach Ablösung der Regierung hat sich da Luft gemacht, wo es am einfachsten schien. Die Lügen, die Demagogie und der Rechtsextremismus werden uns jetzt auch im Bundestag begleiten und die Verhältnisse werden sich ändern. Mehr denn je ist es jetzt wichtig, konstruktiv an und in diesen Verhältnissen zu arbeiten, damit die Gesellschaft wieder rosige Zukunftsaussichten entwickeln kann und die Politik wider solcher Umstände funktioniert. Der Pfad eines echten Piraten bleibt Mitbestimmung, Mut, Digitalisierung und vor allem ein soziales und liberales Gesellschaftsbild auch in der stürmischsten See.

    Zuletzt gratuliere ich Frank Heinrich zur sehr spannend gewordenen Verteidigung des Direktmandates in Chemnitz und Michael Leutert, Detlef Müller und Frank Müller-Rosentritt zum Einzug über ihre jeweiligen Landeslisten.


    Mein Wahlkampf in Zahlen:

    • 18 Stunden in Design von Wahlkampfmaterial gesteckt
    • ca. 400 Plakate mitgehangen
    • ca. 12.000 Flyer (im Team) verteilt
    • Wahlprüfsteine/komplexe Anfragen persönlich beantwortet: 12
    • Online-Kandidatenprofile ausgefüllt: 7 (z.B. Abgeordnetenwatch, Grundeinkommen ist wählbar, Wen wählen usw.)
    • Twitterfollower gewonnen im Wahlkampf: genau 100 :D
    • 4 sehr positiv aufgenommene Scharmützel mit den anderen Kandidaten (z.B. Podiumsdiskussionen)
    • 3 Zeitungsanzeigen
    • 6 Presseberichte in 3 Zeitungen
    • 1 Radiointerview
    • 2 Infostände
    • stärkste Stadtteile (absteigend): Zentrum, Lutherviertel, Bernsdorf, Kaßberg, Schlosschemnitz, Hilbersdorf
    • stärkster Stadtteil: Zentrum mit 1,87%
    • Nächte durchgemacht: 3

  • Bürgerticket, Fahrscheinfrei, was denn nu?

    Bürgerticket, Fahrscheinfrei, was denn nu?

    Heute war ich zu einer offenen Fraktionssitzung der Grünen geladen. Thema war der Öffentliche Nahverkehr und wie wir ihn mit Hilfe von Abgaben oder Steuerfinanzierung aus der Krise helfen und ihn auch wieder zu einem effektiven Werkzeug der Verkehrswende umgestalten können. Im Ausschusssaal nahm die fast vollzählige Fraktion der Grünen im Stadtrat, ca. 20 Gäste, Stefan Tschök als Pressesprecher der CVAG, Dr. Neuhaus vom VMS und Prof. Dr. Monheim platz. Stefan Kühn war als Vertreter aus dem Bundestag auch zugegen und auch mein Fraktionsvorsitzender schaufelte sich etwas Zeit frei, bevor er seine letzte Bahn erwischen musste ;-)

    Der Vortrag von Prof. Dr. Monheim war spannend, bissig und umfassend, die Diskussion war lebendig, und hat in Kombination wohl alle Argumente für einen fahrscheinlosen ÖPNV auf den Tisch gebracht. Ein paar neue Finanzierungsideen, wie ein Solidar-Euro für jene, die nicht mit einzahlen könnten, Wohnen-Plus als Modell eines Mieterpaketes oder Kombibusse für den ländlichen Raum, die damit auch Aufgaben aus der Logistik übernehmen, hatte auch ich noch nicht mit auf der Liste.

    Und obwohl sich die Grünen ein paar Seitenhiebe einfangen mussten, z.B. was ihre Verkehrspolitik und den Zustand in Baden-Württemberg mit Ministerpräsidenten Kretschmann angeht oder dass sie sich erst als Dritte so langsam an das Thema heran tasten, blieben sie faire und gute Gastgeber. Im Gegenzug gab es dafür Lob für die Piraten und ihr Erreichtes in dieser Diskussion und wir konnten dann gefühlt auch gemeinsam Druck gegenüber den Verantwortungsträgern der Verkehrsbetriebe aufbauen. Mit Spannung erwarte ich die Presseberichterstattung.

    Weitere Informationen zum Thema fahrscheinloser Nahverkehr findet ihr auf fahrscheinfrei.de.