Kategorie: Ratstagebuch

  • Neue Konzession für den Netzbetrieb in Chemnitz *Aprilscherz*

    Neue Konzession für den Netzbetrieb in Chemnitz *Aprilscherz*

    Mir ist es gelungen, nach jahrelangem Ringen, einen Konzessionsvertrag für die Internetversorgung von ganz Chemnitz mit einem verlässlichen Partner auszuhandeln.
    Nachdem viele Menschen sich über das fehlende WLAN und nicht-vorhandene Netzversorgung beschwerten, ging ich in die Spur.
    Nachdem ich die größeren Gebäudewirtschaftsgesellschaften hinter diesen gewagten Plan bringen konnte, war der Weg nicht mehr lang. Konzessionsverträge, welche für bestimmte Bereiche der Daseinsfürsorge exklusive Vertragspartner über lange Zeiträume regeln, werden beispielsweise auch bei der Müllver- und Entsorgung sowie dem Betrieb des Wasser- und Stromnetzes geschlossen.

    Auf ganze 25 Jahre bekommt das gesamte Stadtgebiet jetzt eine Grundversorgung mit Internet bis zu 16 Mbit/s von einem Netzbetreiber. Diese kostet den Nutzer nur jeweils 20€ und soll auch die meiste Zeit verfügbar sein. Der Netzbetreiber spricht von bis zu 92% Verfügbarkeit!
    Im Vertrag enthalten ist eine Verlängerung der Konzession nach Ablauf der aktuellen Bedingungen mit bis zu 32 Mbit/s bis 2050.

    Ich selbst habe im Rahmen dieser Vereinbarung, sowie auf Grund meiner Erfahrung als Medienberater, eine Stelle im Unternehmen angenommen und werde den Wechsel der Haushalte selbst mit koordinieren und überwachen.

    Der Betreiber, der zur Zeit noch eine eigene Bekanntmachung vorbereitet und deshalb nicht genannt werden will, machte Hoffnung für eine stabile und zukunftssichere Versorgung.
    „Wenn die Chemnitzer ihr Nutzungsverhalten in den nächsten 25 Jahren nicht wieder signifikant ändern sollten.“


  • Chemnitz per Zug – Ein emotionaler Rant

    Chemnitz per Zug – Ein emotionaler Rant

    Was musste ich heut wieder lesen: Die Streckenverbindung Chemnitz-Leipzig ist in der Prioritätenliste im Bundesverkehrswegeplan bis 2030 wieder keiner Rede wert. Das ist zum verrückt werden!

    In einer Welt, in welcher Individualverkehr zum Glück wieder an Attraktivität verliert, perspektivisch weder wirtschaftlich noch logisch erscheint und in der die Region Chemnitz mit 1,6 Millionen Menschen im Einzugsbereich vom öffentlichen Fernverkehr weiter abgeschnitten bleibt, baut man lieber neue Straßen.

    Als hätte man irgendwo den Schuss nicht gehört. Die Oberbürgermeisterin empfindet es auch noch als Trostpflaster, dass die Strecke zwischen Hof und Nürnberg elektrifiziert wird. Diese Strecke wäre für Chemnitz allenfalls im Sinne des Fernverkehrs spannend, wenn man nicht für Abermilliarden den Thüringer Wald umgegraben hätte und es eben auch die Chance auf flinke Weiterfahrt Richtung Norden gäbe. Zwischenhalt zwischen München und Berlin, das wäre mal was gewesen.

    Fordern und Wünschen kann man ja immer viel. In anderen Ländern geht es allerdings auch: Das Artikelbild stammt aus Kopenhagen, wo ich im letzten Jahr die Freude hatte, den mit offenem WLAN, jeder Menge Steckdosen, Flüsterwaggons, Barrierefreiheit und angenehmem Fahrpreis ausgestatteten Öresundståg-Mehrsystem-Schnellzug zu besteigen. Auf der kritischen Strecke zwischen Chemnitz und Leipzig fahren 30 Jahre alte Reichsbahnzüge, die nicht einen dieser inzwischen zu moderner Mobilität gehörenden Vorzüge bieten. Dazu vertröstet die Deutsche Bahn wegen WLAN auf 2018 und baut lieber Mobilfunkverstärker ein, mit welchen die Reisegäste ihr Datenvolumen aufbrauchen dürfen. Kein Wunder, dass das Geschäft mit den Fernbussen floriert.

    In der Slowakei prüft man gerade eine bis zu 1200km/h-schelle(!!!) Hyperloop-Strecke zwischen Budapest und Wien, die schon allein dadurch wirtschaftlich wird, weil Solarpanels auf den Röhren thronen.
    Und hier kriegen wir es nicht einmal gebacken, eine Linie mit dagegen altertümlich anmutenden, rostigen Metallschienen mit enormen Reibungsverlusten mit Strom zu versorgen um Chemnitz mit der nächstgrößeren* Stadt zu verbinden.

    Man verzeihe mir meine Schachtelsätze.

    /Rant Ende.

    * Ich weiß, eigentlich ist das Dresden, aber das ist ja letztlich kein so attraktives Reiseziel mehr ;-)


  • Heimspiel für das Stadion

    Heimspiel für das Stadion

    Ich durfte endlich gegen das Stadion stimmen! Yeah!

    Nein. Eigentlich bin ich ja recht unvoreingenommen in die Sitzung gegangen. Hab mich vorher nicht rein gesteigert und war sogar gewillt, etwas mehr Geld zu investieren, wenn das Umfeld des Sonnenbergs etwas davon hat und auch Nicht-Fußball-Veranstaltungen möglich sind. Soweit so gut. Ich musste, um an diesen Punkt zu kommen, natürlich trotzdem Beweggründe dagegen im Kopf ausräumen.

    Wir hatten damals als Piraten das Stadion formell angegriffen. Ich wäre sogar noch weiter gegangen und hätte Finanzen und Zeitpunkt kritisiert, immerhin wurde damals das erste EKKo-Paket beschlossen. Ausgeschrieben heißt es Entwicklungs- und Konsolidierungskonzept der Stadt Chemnitz. Viele soziale Einrichtungen und sogar einige Pflichtaufgaben der Stadt mussten darunter leiden und der Stadtrat beschloss zeitgleich einfach ins Blaue 25 Millionen Euro für ein neues Fußballstadion.

    Nun hat sich die Situation verändert. Die Stadt hat plötzlich Geld, wir schießen es wieder zurück in die Entwicklung und Soziales, einige EKKo-Maßnahmen haben sich als tatsächliches Gesundschrumpfen herausgestellt und wir leisten uns auch sonst ein wenig Luxus (Technisches Rathaus, Sanierung des Sportforums, komische Sitzskulpturen,…), weil wirs können. Vor dem Hintergrund war also erstmal alles OK.

    Nun kommen wir zur Sitzung. Erst einmal wird kritisiert, dass die Informationspolitik versagt hat. Das mag sein. Ich hatte genau eine Einladung zu einer Begutachtung des Baus vor einigen Monaten. Mehr Informationen lagen mir nicht vor. In einschlägigen Ausschüssen mag das anders gewesen sein, daher sah ich darüber hinweg. Dann erzählte aber jemand, dass es eine Jury aus den Fraktionen gibt, welche den Bau begleitet und über die Maßnahmen im Detail Bescheid weiß und abstimmt. Diese ist dazu auch zur völligen Geheimhaltung verpflichtet.

    Achso?

    Warum darf ich davon selbst als Stadtrat nicht Bescheid wissen? Warum wurde die mit der neuen Amtsperiode nicht neu besetzt? Oder wurde die neu besetzt und man informierte uns nur nicht?

    Dann kamen ein paar Sachargumente. Zum Beispiel bräuchte man den Teil des Parkplatzes, der aktuell nicht asphaltiert ist, ja nicht asphaltieren. Erstens versiegelt das ein recht großes Areal, wofür dann wieder Entwässerungsmaßnahmen und Abwassergebühren fällig werden, und zweitens ist das Argument der Barrierefreiheit hinfällig, da solche Parkplätze bereits durch die ca. 1/4 asphaltierte Fläche vorhanden sind. Mit der Argumentation geh ich mit und merke mir vor: Maßnahme „ganzen Parkplatz asphaltieren“ ist unnötig, kann weg.

    Nächstes Sachargument: Warum ist denn die Innenausstattung in beiden Varianten mit den Außenanlagen und Sicherheitseinrichtungen verpackt? Sollen wir wirklich nur über Gesamtpakete abstimmen? Die Folge dieser Frage kam mit einer etwas zögerlichen Antwort der OB: „Ok, wir stimmen das einzeln ab.“ Denke mir so: Super, dann kann der Parkplatz ja unversiegelt bleiben.

    Dann kam noch ein Sachargument: Es steht noch gar nicht fest, ob Nutzung, welche über Fußball hinaus geht, rechtlich möglich und vom Kreditgeber so abgesegnet ist. Die OB hatte hier zwei Tage vor der Sitzung noch eine Änderung ausreichen lassen, in welcher „Diese Maßnahme ermöglicht Veranstaltungen im Außenbereich und im Gebäude“ in „Diese Maßnahme würde Veranstaltungen ermöglichen“ geändert wurde. Das „Wenn“ wurde natürlich weg gelassen, aber formelle Gründe dagegen waren also bekannt. Damit flog auch erst einmal diese Maßnahme unter Vorbehalt weiterer Erklärungen von meiner Liste. Mir war es ja schon wichtig, dass der Sonnenberg dann Stadtteilfeste, Public Viewing und Ähnliches dort abhalten könnte. Der Ausbau für Konferenzen im Gebäude war mir herzlich egal. Solche Sachen wie eine designte Lichtszenerie für 60.000 €, welche das Stadion ins richtige Licht rückt, waren bei mir sowieso schon auf der Prioritätenlisten weit unten.

    Ein weiteres Sachargument: Sicherheit. Man habe bei „Problemspielen“ festgestellt, dass man die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen könnte. Wusste man das mit den „Problemspielen“ nicht schon aus den vorangegangenen hundert Jahren? Nein, man hielt sich anfangs nur an die Vorgaben der DFL und bezog eigene Erfahrungen nicht mit ein. Zumindest schimmerte diese Info durch. Dass man diese Erfahrungen auch nicht in der Ausschreibung berücksichtigte, wollte man natürlich nicht zugeben. Für mich hieß das: Hmm, hat die Stadt wohl verbockt. Ist jetzt aber auch egal, denn sicher sollte so ein Stadion schon sein. Hierbei ging es um Wegtrennung Heim/Gast, Trennung der Blöcke mit ausreichend hohen Wänden oder einem Netz wegen Wurfgeschossen usw.

    Nächstes Sachargument: Wir zahlen beim Beschließen der Maßnahmen für die jeweilige Bauleistung und dann extra noch mal für die Bauzeitverzögerung durch die Maßnahmen? Lasst uns das Stadion doch erst einmal fertig bauen! Darauf wurde nur mit der Antwort eingegangen, dass man dann nicht noch eine Ausschreibung machen müsste und das Ganze in einem Rutsch fertig ist. Und Gewährleistungsfragen lägen dann auch in einer Hand. Rechtfertigt das einen hohen 6-stelligen Geldbetrag? Damit kenne ich mich nicht so aus, habs also hingenommen. Es wurde aber schon gegrummelt. Man war also mit dieser Entgegnung nicht ganz zufrieden.

    Dann kamen die ersten Fürsprecher. Frau Schaper von der Linken sinngemäß: „Ja, war ein totaler Scheißplan, das bei EKKo überhaupt zu beschließen, die Mehrkosten sehen wir eigentlich beim Bauunternehmer, da wir das damals schon als Mehrzweckstadion beschlossen haben. Ich hab damals auch dagegen gestimmt … aber wir stimmen jetzt trotzdem mehrheitlich dafür.“- Hmm. Kein Eingehen auf die Sachargumente, kein wirkliches Argument für das Stadion. Da kommt das Ende des Redebeitrags dann schon überraschend. Da sind wohl nicht alle so an die Sache heran gegangen, wie ich.

    Detlef Müller von der SPD macht weiter. Er sagt dass die Sicherheitsmaßnahmen natürlich nötig sind, was keiner abstritt, und verteidigte den Plan als Gesamtes. Wenn man jetzt so etwas baut, dann sollte man es auch richtig und in einem Rutsch tun. Auf die anderen Argumente ging er auch nicht ein. Langsam wurde ich stutzig. Die Grünen sind dagegen und es fehlten etwa 12 von 60 Stadträten. Haben die nicht etwa ihren Mehrheiten-Kuchen schon fertig gebacken? Man gab sich sichtbar wenig Mühe beim Verargumentieren der einzelnen Punkte.

    Irgendwann kamen wir zur Abstimmung. Wir durften ja immerhin die einzelnen Maßnahmen abstimmen. Es wurde aber mit etwas über 30 zu 12 Stimmen die größere Variante als Leitfaden gewählt. Gut, es war ja noch nichts verloren. Dann wurden die einzelnen Punkte abgestimmt und die gingen allesamt durch. Ok, scheinbar war alles vorher schon geklärt gewesen.

    SPD stimmte geschlossen dafür, von den paar anwesenden CDUlern stimmten 2 dagegen und die Linke hatte auch 2 „Abweichler“ in den Reihen. Nachdem die, meiner Meinung nach, per Sachargumentation abzulehnenden Maßnahmen, angenommen waren, hatte ich auch keine Lust mehr, bei den anderen zuzustimmen. Wenn hier so gehandelt wird, so unsachlich und mit so vielen kleinen Fehlern, die sich im Nachhinein wieder als sehr große herausstellen könnten, konnte ich auch nicht reinen Gewissens die wechselnde Mehrheit spielen. Ich hatte wirklich auf Läuterung gehofft, nach dem formellen Desaster der ersten Entscheidung. Aber dieses Schauspiel, diese Wand, an der alle Argumente abperlten und nicht einmal auf jene eingegangen wurden, war einfach der Horror für einen Demokraten.

    Ihr seht es mir sicher nach, liebe CFC-Fans. Ich war aufgeschlossen, hab meinen Ärger runter geschluckt und prompt kam der wieder hoch. Diese vorher bereits beschlossenen Anträge, die nur der Form halber eingebracht werden und nicht einmal ernsthaft diskutiert werden dürfen, nerven mich nur noch an. Ein super Übergang in die Sommerpause.


  • Koalition hin oder her?

    Vor kurzem hat sich im Rathaus eine Koalition aus Linken, SPD und Grünen gebildet (Reihenfolge nach Fraktionsgröße). Ziel der Gruppierung sei das Schaffen von Mehrheiten und Verfolgen gemeinsamer Ziele.
    Doch wie wirkt sich das nun tatsächlich aus? Ich werde mal versuchen, ein paar Gedanken dazu auf virtuelles Papier zu bringen.

    So ein Stadtrat hat es, wenn es um den Haushalt geht, schon schwer. Die Leistung einer Fraktion bemisst man an der Zahl der guten Anträge. Diese wirklich fundiert stellen zu können, setzt aber voraus, das man auch die nötigen Informationen zusammen tragen kann. Diese ergeben sich viel öfter aus dem persönlichen Gespräch und noch nicht veröffentlichten Kalkulationen der Ämter für kommende Projekte als aus frei zugänglichen Informationsquellen.
    Lädt das nicht zum Mauscheln ein? Ja, das tut es. Die Fraktion mit den besten Connections in die Verwaltung gewinnt sozusagen den Pot und irgendwie übt die Verwaltung darüber dann indirekt sogar Macht aus. Das Verhältnis an sich haben wir schon im Wahlkampf kritisiert. Die Verwaltung regiert, der Rat steuert nur etwas nach. Dieser Umstand hat jetzt auch am Rande etwas mit der Koalition zu tun, da die Verwaltungsspitze, unsere liebe OB, ja auch eine Stimme im Sinne der SPD zur Verfügung hat bzw. von ihr konsequenterweise natürlich hofiert werden muss.

    Warum gibt es um so eine Mehrheitenbildung überhaupt Tamtam?
    Bisher war unser Stadtrat ein, meiner Meinung nach, anschauliches Beispiel einer wabernden Masse wechselnder Mehrheiten. Zwänge, man mag es auch Fraktionsdisziplin nennen, maximal innerhalb von Fraktionen. Jeder Stadtrat wurde wegen seinem Abstimmverhalten einzeln böse angeguckt (anderes Thema). Allein auf Grund der deutlichen linken Mehrheit in unserer Stadt sollte man meinen, dass vielen, vor allem sozialen Anliegen, nicht viel im Wege steht. Dem ist auch so. Praktisch glaube ich nicht, das irgendein Anliegen anders ausgegangen wäre. Jetzt kommen wir zu meiner Meinung: Seien wir doch mal ehrlich. Eine Koalition ist hier doch vollkommen unnötig!

    Frühere Zusammenarbeit wurde oftmals vom schwierigen Verhältnis der Linken und SPD überschattet. Mit dem Wechsel der Fraktionsspitze wurde dies nun „beigelegt“. Das machte die Sitzungen für den Zuschauer witziger, da sich politische Entscheidungen aller Ebenen um die Ohren geworfen wurden. Nun legt man diese Differenzen erst einmal weg um … ja um was …
    Um wie im großen Parlament, die Regierung zu stellen.
    Richtig gelesen. Eigentlich gibt es auf unserer Entscheidungsebene eine Trennung zwischen dem Rat und der Verwaltung in diesem Bereich. Es gibt keine „gewählte Regierung“. Alle paar Jubeljahre steht aber die Wahl der Bürgermeister unter Frau Ludwig an. Diese wichtigen Köpfe über den Dezernaten sind für die Entwicklung so entscheidend wie der Minister auf höherer Ebene. Jetzt noch einmal einen kurzen Blick auf Abschnitt 2 werfen. Die Kontakte in die Ämter sind das A und O für die politische Arbeit. Man will daher gute Leute besetzen die möglichst im eigenen Sinne arbeiten um die Wirkungskraft, man könnte es auch Macht nennen, zu erweitern. Meiner bescheidenen Auffassung und Erfahrung nach entwickeln die Bürgermeister sowieso ein Beamten-Eigenleben, sodass die Macht dann eher wieder dahin statt in den Rat wandert. Ihre Amtszeit, die länger als die des Rates ist, spricht auch eher dafür. Ich bin auf jeden Fall auf die Kandidaten gespannt.

    Gibt es noch mehr?
    Die Wirkung der Koalition in der Haushaltssitzung am Mittwoch ist gelinde gesagt einfach gute Absprache. Man hat 32 Räte die gemeinsame Anliegen überprüfen und durchsprechen und dazu vermutlich noch die OB mit am Tisch sitzen. Dadurch kommt meist gutes Zeug bei raus. Im Gegenzug kümmert man sich aber nicht mehr ganz so um die Anliegen von Außerhalb. Vor allem eine antragsstarke Fraktion wie die CDU mit ihren ebenfalls 15 Räten, musste das leidlich spüren. Die Deckungsquellen der Koalition waren besser recherchiert und die Summen für bestimmte Beträge mit der Verwaltung und anderen Akteuren exakt und ohne zugedrücktes Auge ausgehandelt. Viele Anträge zerschellten dadurch, die man vielleicht sonst fraktionsübergreifend besprochen hätte. Uns traf dieses Vorgehen auch ein wenig, aber nicht unbedingt schmerzlich. Die CDU ließ dann schon Begriffe wie „Zauber-Deckungsquelle“ und abfällig „flotter Dreier“ fallen. Als getroffener Hund sollte man ja nicht still sein.

    Ich würde mir ehrlich wieder weniger Lagerbildung wünschen und es ist kaum abzusehen wohin das noch führt. Zu Experimenten und mutigem Handeln führt es sicher kaum. Es wird dann halt meist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Verwaltung und den 3 Fraktionen. Die rundgelutschte Variante eines Antrages angenommen. Ich lasse mich aber auch gern vom Gegenteil überzeugen.

    LG Toni


    Zusammenfassung der Anträge meiner Fraktion zur Haushaltssitzung


  • Stadtrat am 24.09.2014

    Ja, es war mal wieder soweit. Stadtratssitzung.
    Im Vorfeld der Sitzung wurden schon Bedenken geäußert, dass die Sitzung sich über 12 Stunden hin ziehen könnte, da viele Tagesordnungspunkte mit Wahlen auf dem Plan standen, aber im Endeffekt ging doch alles recht schnell. Es waren nur 5 Stunden, inklusive halbstündiger Pause.

    Die Oberbürgermeisterin war zur Sitzung abwesend und bei Koalitionsgesprächen in Dresden, daher leitete der Kämmerer, Herr Brehm, die Sitzung. Zu Anfang fehlten 12 Räte, zum Ende nur noch 9. Zuerst einmal wurden, wie im Endeffekt festgestellt, unnütz die Fraktionserklärungen von der Tagesordnung gewischt. Darüber wurde bereits in der Fraktionsvorsitzendenrunde entschieden. Ich wollte gern eine kleine Lehrstunde in OpenAntrag geben, aber dann ist wohl mein erster Auftritt am Podium etwas nach hinten verschoben worden.

    Der erste spannende Tagesordnungspunkt befasste sich mit der Petition zur Stadtbibliothek, welche ich bereits im Petitionsausschuss mitverhandeln durfte. Das Ergebnis des Petitionsausschusses war eher ernüchternd. Wir haben sie weder abgelehnt noch eine Abhilfe beschlossen, weil irgendwelche mir unbekannten Arbeitsgrüppchen, scheinbar unter Leitung von Hubert Gintschel (Die Linke), in Ruhe weiter diskutieren und Strukturänderungen vorschlagen wollten. Daraus folgte: „Die Petition wird bei weiterer Beschlussfassung durch den Stadtrat berücksichtigt.“
    Das sagt im Endeffekt so ziemlich Nichts, Herr Gintschel verteidigte diese Position aber auch im Stadtrat. Ich hätte ja gern zumindest im Protokoll gern eine Info gehabt, wie die einzelnen Stadtratsmitglieder des Petitionsausschusses entschieden hätten, aber nicht einmal da führte ein Weg heran. Meike Roden nutzte hier ihre Chance um ihre erste Rede vorzutragen, mit der Erklärung, warum die Grünen sich bei diesem Beschluss enthalten. Inhaltlich super, praktische politische Wirkung -> leider gleich null. Protest durch Enthaltung fand ich ja noch nie besonders wirksam oder klug, aber so machte man sich vielleicht ein paar Freunde bei der Stadtbibliothek. Bedenken von Stadträten, hier dem Haushalt vor zu greifen, sind dabei ja legitim. Ich halte dies allerdings für eine politische Entscheidung ob unsere Bibliothek mehr Medien, Personal und E-Learning anbieten kann. Bei Bildung bin ich nicht bereit den Rotstift anzusetzen.

    Danach kamen wir unter anderem zur Änderung von Gesellschafterverträgen städtischer Unternehmen. Die Vorlage der Verwaltung hatte alle Arbeitnehmer aus den Aufsichtsräten gekegelt, was dazu führt, das diese 1. da nicht mehr vertreten sind und 2. auch Expertise verlustig geht. Bereits im Vorfeld hatte ich mit dem DGB und anderen Verbänden bereits Informationen dazu ausgetauscht und mich am Ende an die FDP gehalten, die einen passenden Antrag vorbereitete. Dieser Antrag sah vor, das ein zusätzlicher Platz geschaffen wird, welcher mit einem Arbeitnehmervertreter, also Betriebsrat oder Ähnliches, besetzt wird und vom Stadtrat nur noch Bestätigung benötigt. Laut rechtlicher Kommentierung der Gemeindeordnung wäre das im Rahmen des Möglichen gewesen. Was sich allerdings in der Sitzung abspielte war ein peinliches Schauspiel.
    Herr Doktor Füsslein von der FDP trug die Sache vor, wurde geschmäht und teilweise ausgelacht und ihm wurden die Fehler der Landes-FDP aufgebürgt obwohl er daran selbst keinen Anteil hat. Er tritt ja im Grunde nur auf der Liste der Partei an, engagiert sich in dieser allerdings nicht. Sinngemäß: „Die FDP hat ja die Gemeindeordnung so verbrochen und jetzt muss die SPD diese Fehler wieder ausbügeln.“
    Ich schätze den Herrn Füsslein, im Gegensatz zu vielen seiner Parteikollegen, als recht gutherzigen Mann ein. Daher tat mir dieses Schauspiel schon leid. Der Antrag wurde mit der Begründung abgeschmettert, das sich die Fraktionen ja auf eine Abgabe ihrer Aufsichtsratsplätze an Mitarbeiter geeinigt hätten. Schön das auch mal zu erfahren!
    Nicht schön ist allerdings die Vorstellung, das die Parteien selbst die einstig unpolitischen Vertreter jetzt selbst bestimmen. Ob das so geht waren sie sich auch noch nicht sicher, aber erst mal jede andere Lösung ablehnen und verhöhnen. Und natürlich herrscht dann in den Aufsichtsräten kein Parteiproporz. Gar nicht, kein Stück.

    Zur Erklärung: Die Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen müssen nicht spiegelbildlich zum Wahlergebnis besetzt werden, da es hier vor allem um Expertise geht und diese Unternehmen zwar von einzelnen Räten beaufsichtigt aber vom ganzen Rat auch weiterhin durchaus beeinflusst werden können. Stimmt das auch in Chemnitz? Über die Besetzung der Räte muss ich glaub ich nicht viel sagen. Es war ungefähr das gleiche Schauspiel wie zur Besetzung der Ausschüsse.
    „Wir stimmen jetzt über das Benennungsverfahren ab.“ -> 40 dafür, 10 (inklusive mir) dagegen. Damit waren die meisten Plätze schon im Vorhinein klar. Die Wahl hätte man sich auch sparen können. Selten wurde auch wieder gelost, aber nur zwischen CDU und Linke. Bei einem Beschluss stimmte eine Bankreihe der SPD gegen das Benennungsverfahren, entweder aus Verwirrung oder damit das Ergebnis mal nicht zum zwanzigsten Mal 40 zu 10 ausfiel. Es folgte Gelächter. Ich machte diesen: m(

    Nur bei den Verbandsräten konnte die letzte Bankreihe dem Rest der Versammlung ein Schnippchen schlagen. Dort musste nämlich gewählt werden und es genügten die 10 Personen um z.B. den Kandidaten der Grünen seines Platzes zu verweisen. Ein wenig eklig kam ich mir dann aber schon vor, da dort Stimmen von AfD und ProChemnitz mit hinein flossen. Bei einem Beschluss wählte ich mich aber mal selbst, da absehbar war, das durch die 12 fehlenden Stadträte meine Stimme für den FDP-Kandidaten keinen Mehrwert mehr gebracht hätte.

    Beim Tagesordnungspunkt zur Vorstellung des European Energy Award hatte Bernhard Hermann seinen ersten Redebeitrag. Dort wies er nämlich darauf hin das z.B. die Anschaffung von 2 neuen Dienstfahrzeugen mit sparsameren Aggregaten kaum als nennenswerte Umweltmaßnahme verbuchbar ist. Im ganzen wäre das Konzept wohl eine Ansammlung von winzig-kleinen Maßnähmchen.

    Weitere spannende Sache war ein Beschluss über Kinderverpflegung aus dem Bildungspaket. Diese sollte auf die Bereiche außerhalb der Schulzeit ausgeweitet werden. War ziemlich unkritisch.

    Es gab noch Informationsvorlagen zum Finanzcontrolling der Stadt, Jahresabschlussberichte, ein paar Bebauungspläne die eher unkritisch waren und ich sitze jetzt in einem weiteren, obligatorischen Ausschuss, dem Vergabeausschuss. Da bin ich ja mal gespannt.

    Alles in Allem fühl ich mich ja sehr in die Schulzeit zurück versetzt. Dieses Getuschel, ein paar Scherze und böse Blicke mit eingeschlossen. Alles ist berechnet und jedes Ergebnis wird nach Sitzplätzen verteilt angezeigt, dadurch wissen die Stadträte immer, wer da genau aus der Reihe getanzt ist. Warum nur wir Stadträte diese Gewissheit haben dürfen und fürs Protokoll erst namentliche Abstimmung beschlossen sein muss, find ich allerdings unverständlich.

    Für euch zur Info: Meine Aufwandsentschädigung wird sich durch Sitzungsgelder ab nächsten Monat wohl dauerhaft bei etwa 400€ einpendeln.

    Damit schließe ich diesen kleinen Bericht. Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.


    Hier noch der Link zur Sitzung

    P.S. Jetzt hab ich so viel Dampf abgelassen, das ich das positive ganz übersehen habe. Sind einige gute Leute als sachkundige Bürger gewählt worden. Unter anderem ein alter Wegbegleiter, Ralph Jödicke. Glückwunsch dazu! :)


  • OpenAntrag in Chemnitz – Überraschungserfolg

    Ich werde im folgenden Text versuchen, die Phrase „besser ging es gar nicht“ weg zu lassen, möchte aber darauf hinweisen das jede Menge glücklicher Umstände bei der Einführung von OpenAntrag in Chemnitz durchaus eine Rolle spielten.

    OpenAntrag sprengte in Chemnitz jede Erwartung. Innerhalb des ersten Monats stehen wir inzwischen bei 31 Anfragen zu unterschiedlichsten Themen und auch von unterschiedlichsten Leuten und haben als Fraktion dadurch nicht nur Vertrauen und Aufmerksamkeit gewonnen sondern einen Einstieg in die politische Arbeit, den man sich sonst hätte selbst suchen müssen. Viele der Hinweise sind wertvoll und die Abarbeitung macht Spaß und bringt neue Kontakte. Inzwischen stehen wir auf Platz 5 der 113 Parlamente mit den meisten Anträgen.

    Einführung des Systems

    Zuerst geb ich mal ein paar Tipps, die meiner Meinung nach jede neue Fraktion gut nutzen kann, um einen guten Start hinzulegen.

    1. Lest euch jede Seite von OpenAnrag genau durch und nehmt Kontakt auf. Damit mein ich nicht jede Instanz, aber jede informative Seite. Wenn man das inhaliert hat, die Statistiken kennt und die Regeln im Kopf hat, ist der erste wichtige Schritt schon einmal getan. Es gibt 2 Personen die mir besonders geholfen haben: Kristof Zerbe, der Entwickler und Admin von OpenAntrag (@Kristofz) und Kai Schmalenbach von der NRW-Landtagsfraktion (@Dave_Kay).

    2. Beeilt euch! Kurz nach einer Wahl sind die Gemüter noch erhitzt und viele Leute wollen ihre Gedanken und Ideen loswerden, vor allem jene, die durch zu schlechte Wahlergebnisse nicht gehört wurden oder auf Podien keine zufriedenstellenden Antworten bekamen.

    3. Macht eine gut vorbereitete Pressekonferenz. Ich hab die Chance genutzt, die erste Pressekonferenz der Fraktion mit dem Thema zu verbinden. Diese lag, auf Grund der günstigen Umstände, auch noch zwischen der Kommunal- und kurz vor der Landtagswahl. Dadurch war politisches Interesse auch gerade noch immer besonders groß. Die Lokalblätter freuten sich auch, nicht nur Wahlkampf-PMs von Parteien zu bekommen, sondern auch politische Arbeit abseits des Trubels zum Füllen der Seiten. Wichtig noch: Das System sollte mit der Pressekonferenz startbereit sein.

    4. Ladet dazu noch mehr Leute ein, am besten hauptsächlich Nicht-Piraten. Ich hatte das Glück, mit meinem Fraktionspartner eine Zielgruppe zu erreichen, welche zwar viel von Bürgerbeteiligung hielt, aber solche Tools noch gar nicht kannte. Solche Gruppen gibt es viele. Ob es Bürgerplattformen, Vereine, Initiativen, Elternräte oder einzelne Interessierte sind. Sie alle sind Multiplikatoren und helfen dabei eure Plattform zu befüllen und machen auch Mundpropaganda.

    5. Betont die Andersartigkeit und den Paradigmenwechsel, den OpenAntrag herbei führt. Um Ratsanfragen los zu werden, dafür können Leute auch so schon an den Türen der anderen Fraktionen kratzen, aber nur hier wird alles transparent dokumentiert und der Versuch unternommen, den Parteiproporz heraus zu halten. Es ist einfach der bestmögliche Zwischenschritt zwischen dem StatusQuo und richtigen Bürgeranträgen.

    Das alles führte am Ende dazu, das wir direkt am ersten Tag nach der Pressekonferenz zweistellige Antragszahlen erreichten. Die lokale Presse (Freie Presse und BILD) machten sehr gute Artikel und lockten so Leute auf die Plattform. Leute, die bei der Pressekonferenz anwesend waren, versuchten sich direkt am System und der Erfolg multiplizierte sich. Die Presse sah nämlich, das die Leute das System stürmten und brachten sogenannte Follow-Up-Artikel, in denen sie ihre Leser informierten, wie die Plattform angenommen wird.

    Die richtige Arbeit

    So eine Pressekonferenz zu organisieren kann zwar auch schon interessant sein, aber was der Eröffnung der Plattform folgte, war gleich ein ganzer Brocken. Ich hatte keinerlei Vergleichswerte und nahm nicht an, das die Plattform so überrannt würde. Eigentlich hab ich es sogar mehr als Wahlkampfgag und kleinen Service der Fraktion im Hinterkopf gehabt. Doch da hatten wir auf einmal richtig viel Gesprächsstoff für die folgende Fraktionssitzung.

    In den Sitzungen, wo man die Anliegen bearbeitet, muss man natürlich geordnet und bedacht vorgehen. Wir haben uns vorher nicht das System gewählt, wie wir vorgehen, aber es zeigt sich schon, das ein First-Come-First-Serve nicht das Richtige sein wird. Einige Anliegen brauchen Vorarbeit und andere Anliegen sind bereits auf den Tagesordnungen der nächsten Sitzungen. Das macht vor allem den Unterschied aus, warum jetzt einige in der Mitte der Liste noch gelb sind und andere bereits grün. Wir sind also erst nach Dringlichkeit und unserer vorhandenen Expertise vorgegangen. Wo eine Ratsanfrage formuliert werden kann, hat sich der Stadtrat, der sich für die Frage am meisten Verantwortlich fühlt, den Hut aufgesetzt. Über die genaue Formulierung wird diskutiert und am Ende kurze und präzise Fragen daraus gebastelt.

    An der Stelle möchte ich meinen Fraktionsgeschäftsführer Andreas Felber und auch meinen Fraktionskollegen Lars Fassmann sehr loben. Andreas Felber arbeitete in seiner Bürozeit nach einer kurzen Einführung selbstständig das Gröbste ab und legt dann die Anträge zur nächsten Sitzung vor. Dazu stellt er die Anfragen für uns 3 Stadträte dann auch im System des Rathauses ein. Mag sein Job sein, aber er macht ihn sehr gewissenhaft. Lars hat am vergangenen Wochenende einfach mal eine Mail mit 91 Fragen, verpackt in 19 Ratsanfragen für verschiedene Bereiche, für die Sitzung eingereicht. Schöner kann man die Geschäftsstelle der Oberbürgermeisterin kaum trollen.

    Natürlich ist es aber nicht nur Bürokram. Zu einigen Anliegen haben wir die Antragsteller eingeladen und zu anderen Anliegen kamen die Leute sogar von sich aus vorher vorbei um mit uns zu sprechen. Bei anderen Sachen merkt man, das die Ideen schon eine Weile in Schubladen lagen und man dies vielleicht hinterfragen sollte. Das führt zu besseren Anträgen und Kontakten, die man auch in Zukunft weiter nutzen kann um Expertise zu bekommen. Ein Vorteil von gezielt angesprochener Klientel ist es ja, das die Qualität der Antwort im Schnitt besser ausfällt, daher sind eben auch Bürgerplattformen und Vereine so ein tolles Ziel für die Vorstellung von OpenAntrag.

    Bereits jetzt gewonnener Erfahrungswert: Arbeitet man alles systematisch ab und zeigt Interesse, kommen die Antragsteller mit ihren tollen Ideen natürlich auch wieder.

    Ausblick

    Wir haben noch nicht eine Antwort auf eine Anfrage und einen Antrag für den Stadtrat konnten wir auch noch nicht formulieren. Daher sind das die nächsten großen Schritte. Abgesehen davon wird das Interesse an der Plattform über kurz oder lang sicher ein wenig sinken. Dann kann man angehen, Vorstellungen im Stil eines Workshops oder einer Pressekonferenz bei den Menschen zu machen, die sich in der Stadt engagieren wollen. Wer das ist, solltet ihr selbst heraus finden können. Parteilogos sind dabei eher unwichtig bis hinderlich, aber da OpenAntrag ja sowieso eines enthält, tut man damit auch der Partei etwas Gutes in Sachen Glaubwürdigkeit und Fürsorge für die dort geäußerten Belange.

    Demnächst hab ich vielleicht die Ehre unsere erste Fraktionserklärung abzuhalten, mit dem Inhalt, wie wir uns erhoffen, das der Stadtrat als gesamtes Organ mit OpenAntrag umgeht. Eine frühe Einbeziehung von Mitarbeitern des Rathauses und der anderen Fraktionen ist aber durchaus hilfreich.

    Zum Schluss möcht ich noch meine Materialien verlinken, mit welchen ich die Pressekonferenz abgehalten habe: Feel free to share!

    Natürlich: OpenAntrag.de

    Präsentation auf prezi.com von Kai Schmalenbach. (Die Effekte und der moderne Aufbau von Prezi können den ein oder anderen Lokalredakteur und Zuschauer schon überraschen ;-) )

    Meine genutze Präsentation auf box.com (Nach der Folie „Regeln“ ging ich auf OpenAntrag um dort die Benutzung vorzuführen.)


  • „Wer zahlt denn das alles?“ – Podium im Lokomov

    Mir war es persönlich schon zu kosmopolitisch. Der Bezug zu „was ist Chemnitz die Kunst wert“ kam meiner Meinung nach zu kurz. Wir haben über 220 Vereine, die als Kulturschaffende im Sektor „Freie Kultur“ gelten und welche sich alle irgendwie einen Anteil der deutlich unter 5% Förderung der Stadt wünschen würden, was eine Frau Zais im Gegensatz zu mir im Verwaltungs- und Finanzausschuss wohl überhört hat. Ein Großteil der Vereine trägt sich im Endeffekt über seine Mitglieder oder Querfinanzierung durch Getränkeverkauf und Ähnliches. Das gilt auch für Stätten, welche zwar keine Kunst schaffen, aber einen Bildungsauftrag erfüllen, wie den botanischen Garten.

    Eins wurde aber sehr offensichtlich: Es wurde noch nicht begriffen, das freie Kunst und Kultur auch Infrastruktur braucht. Es war von Förderung von Projekten die Rede. Ein Lesecafé Odradek mag an sich keine Kunst und höhere Kultur darstellen, aber dort ist ein Treffpunkt und auch Geburtsstätte von Projekten. Dort kann sich auch ein sonst armer Künstler gern herum treiben und es gibt für ihn einen Kaffee gratis, wenn jemand anders einen bestellt. Auch Frau Reinhardt hat schlüssig dargestellt das viele Projekte plötzlich funktionieren wenn z.B. die Schlüsselpersonen auf ihren Lohn verzichten und sich aufopfern. Jene, die das Projekt auf Kurs bringen, koordinieren und damit zur Infrastruktur des Projektes gehören.

    Freie Kunst und Kultur schaffen ist Wirtschaften mit Raum, Motivation und dem, was bei den Menschen im Alltag übrig bleibt, ob es Zeit ist, Inspiration oder Geld. Das alles hängt nicht nur von Finanzierung ab und einer hübschen Galerie sondern zuerst von den umgebenden Lebensumständen. Auch das Lohnniveau, Arbeitszeiten und die Gegenwehr aus verschiedenen Bereichen, ob Verwaltung oder Bevölkerung, spielen eine Rolle. Das kann man auch politisch steuern, auf jeder Ebene ein wenig. Das ist auch ein Grund, warum mir als Pirat das bedingungslose Grundeinkommen so gefällt, weil es gleichzeitig von Zeitmangel und Geld befreit und die Menschen vor die Herausforderung stellt, was sie jetzt damit tun sollen.

    Zu guter Letzt fand ich das Streetart-Künstler-Bashen ein wenig fehl am Platz. Wir haben in Chemnitz tolle Beispiele für gelungene Gestaltung von Außenflächen, welche auch auf Auftrag gefertigt werden und auch wirtschaftlich interessant sind. Anders als man vielleicht auch annimmt, ist die Szene sehr vernetzt und kontaktfreudig, nimmt jedes Festival mit und ist interessiert an der Weitergabe der Kenntnisse. Eine inspirierende Umgebung schafft im Endeffekt dann auch den passenden Nährboden für weitere Arten der Kunst.

    Alles in Allem war es nette Unterhaltung. Hoher Lanz-Faktor. Das waren meine zwei Cent dazu.