Ja, es gibt ja da eine Partei, deren Namen ich glaub ich nicht nennen muss, deren einziges Thema der Zynismus ist. Beißender Spott ist das Thema und die Waffe oft mehrdeutige Effekte. Satire mag man es auch nennen und einen Ausdruck unserer Zeit, in welcher Politik so undurchschaubar und oftmals auch beliebig geworden ist, dass man nur noch mit dem Kopf schütteln kann.
In manchen Teilen des Landes sind die Mitglieder oft auch respektable Aktivisten und an konstruktiver Politik interessiert, in anderen, dem meiner Meinung nach überwiegendem Teil, nur an Spaß und Selbstüberhöhung. Was hat das für Effekte, wenn so etwas zu einer Partei wird?
Es resultiert in einer beliebigen Masse an Menschen von Links bis Rechts, in einer Plattform, in der Running Gags mehr zählen als die politische Forderung die eigentlich nur in Satire versteckt ist. Dazu resultiert es auch in einem Verbrennen von politischem Engagement. Diejenigen, die ernsthaft Politik hinter der Satire betreiben – meist nur in größeren Städten anzutreffen – kämpfen um ihre Street Credibility. Sie machen in ihren Stadtparlamenten sogar Politik, in der nicht nur wechselweise mit Ja oder Nein gestimmt wird. Solche Leute haben wir hier leider nicht.
Die Anderen, diese Effekthascher und Entertainer, scharen junge Geister um sich herum und verderben sie für echtes politisches Engagement. Jenes Engagement, dass eigene Ideen entwickelt, die Menschen mitnehmen will und deshalb auch die Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen versucht. Denn man kultiviert ja nur das Dagegen-Sein immer weiter. Das ist aber auch einer der Gründe, warum in diesem Umfeld immer wieder gern die Erde verbrennt. Das tut einem richtig in der Seele weh. Man sieht als Streiter für eine linksliberale, inner- und außerparlamentarische Opposition diese oftmals klugen Köpfe, die ihre Energie in dieses Projekt stecken und heraus kommt nichts als Unfug und noch weniger Lust an Politik. Man brät nur im eigenen Saft und findet sich selbst geil. Dabei ist diese Energie so wertvoll.
Diese Energie könnte eine Energie des Wandels sein. Stattdessen kandidiert dieser modische Zynismus für Wahlen und zieht damit Wähler, politisches Interesse und schlussendlich auch Parteienfinanzierung von anderen Bewegungen ab. Vielleicht halten einige Protestwähler genau dies für einen Weg, den großen Playern auf der politischen Bühne zu schaden und ihnen den Mittelfinger zu zeigen. Dabei schaden sie damit aber vor allem den Kleinen, die um jede Kommastelle in den Umfragen ringen müssen und richtig Bock auf Veränderung haben.
Was hilft es Menschen, die jetzt in Altersarmut leben müssen, wenn man eine Partei ohne Ambitionen zu realen Veränderungen wählt? Kein CDUSPDFDPGRÜNENLINKENAFD-Politiker würde durch Satire zur Vernunft kommen, wohl aber durch ernsthaftes politisches Engagement mit neuen Ideen, dass die bisherigen Sympathien im eigenen Wahlkreis abgreift und nicht nur die Protestler und Nichtwähler. Wenn man in deren Wählerfilterblasen eindringt, DANN fühlen sie sich bedroht.
Gern wird auch nach Island, auf die „Beste Partei“ verwiesen, wenn man sagt, dass Satiriker keine Politik machen können. Klar könnten auch Satiriker Politik machen. Aber mit dem beliebtesten Satiriker unter 300.000 Einwohnern in einer gewaltigen Krise anzutreten schafft eben auch eher Handlungsoptionen als mit 5 in ihren Nieschen beliebten Satirikern unter 80 Millionen Deutschen, die eine andere Einstellung gegenüber ihren Politikern haben. Auf Island haben die Panama-Papers z.B. zu einem Erdrutsch in Wahlen zugunsten der Piraten geführt. In Deutschland ist das in dem Maße gar nicht drin. Da muss schon ein Atomkraftwerk explodieren, damit sich mal 10-20% kurzweilig verschieben. Die Korruption, Überheblichkeit, Selbstsucht und Verarsche gehört zum System und braucht lange Nägel für dicke Bretter. Langfristiges Engagement eben.
Aber da ist halt eine Satirepartei ohne Profil oder echtes Programm. Eine Partei, deren Vertreter mir schon mehrfach gesagt haben, dass sie mehr Demokratie eher scheiße finden, auf Stammtischen noch immer diskutieren, ob man sich Nazis entgegen stellen müsste und sich auf Spielplätzen vor Kindern gern mit Sternburg-Bier die Kante gibt. Eine Partei die spontan eine Projektionsfläche für eine (exzellente) AfD-Facebook-Aktion eines Shahak Shapira bietet, damit seine vor fast einem Jahr ohne Parteihintergrund begonnene Aktion noch besser verteilt und die eigene Bekanntheit noch weiter gefördert wird. War ein guter Schachzug, aber eben auch nur das.
Aber braucht es dafür wirklich eine Partei? Muss man den Schaden an den anderen Bewegungen in der Außerparlamentarischen Opposition hinnehmen, nur weil Satire irgendwie alles darf? Ich nehme den Schaden nicht hin, denn am Ende dient diese Kunstform der Satirepartei nur den Großen, weil sie Engagement genauso schnell wieder ausspuckt, wie sie es vereinnahmt hat und verhindert, dass sich die Leute kleinteiliger informieren und damit wirklich nach ihren Interessen das Kreuz setzen.
Aber so viel zu diesen scheinbar unbedeutenden Nebenschauplätzen in der Politik, schließlich haben wir es wieder mit Parteien zu tun, die mit Faschisten und einer auf die Spitze getriebenen Form des Neoliberalismus antreten und damit nicht nur unser aller Freiheit und ein solidarisches Miteinander, sondern auch die Demokratie als Ganzes bedrohen. Gerade vor diesem Hintergrund kann ich nicht mehr über Verharmlosungen mit Jahreszahlen wie 1933 oder aber Scherzen über den Mauerbau lachen. Da sollte ein Serdar Somuncu wirklich mal seine Feindbilder überprüfen. Es steht zu viel auf dem Spiel. Lasst uns stattdessen Teil eines Wandels sein.