Vorbemerkung: Ich werde versuchen den Artikel so zu strukturieren, dass jede Einzelmaßnahme, ihr Ziel und ihre Wirkung nachvollziehbar sind. Doch wirksam werden sie wohl nur wenn man einen Großteil umsetzt. Einzelne Maßnahmen werden den Verein nicht mehr retten, und Rettung bedarf er noch immer, wie die kürzlichen Ereignisse gezeigt haben.
Und noch etwas zu meinem Verhältnis zum Verein: Ich habe Einblicke in den Verein die ein einzelnes Mitglied nicht hat, aber auch Einblicke in den Verein, wo mir das einzelne Mitglied sicher voraus ist. Dazu kommt der Blick von Außen. Ich erhebe also keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder kann garantieren, dass ich nicht irgendwelche Aktivitäten übersehen hab.
Dazu möchte ich erwähnen dass ich mir für die Stadt einen erfolgreichen Fußballklub wünsche. Ich sehe die Zukunft des Vereins aber nur als gesichert an, wenn er den Wandel schafft und somit wieder mehr Familien und neue wie alte Sponsoren anlocken kann, die nicht das rechte Auge zukneifen. Sonst ist und bleibt unsere Stadt wohl auch auf lange Sicht eine Basketballstadt …
Maßnahme 1: Ankündigen von Maßnahmen
Alles geht los an einem klar definierten Startpunkt, ab dem rigoros vorgegangen wird und an dem man sich selbst messen lassen will. Nur dann zeigen Strukturen auch Verantwortung, wenn sie sich einem Urteil stellen und dafür sind Startpunkte sehr wichtig. Jetzt könnte man behaupten „Aber mit dem Leitbildprozess ging das doch schon los!“, doch ich würde das bisherige, in meinen Augen zaghafte Handeln erst einmal nur auf die Erneuerung der Strukturen von Innen beziehen. Die gefestigten Strukturen des Vereins haben sich vorgenommen zu wandeln und ihre Öffentlichkeitsarbeit darauf abzustimmen. Guter Anfang, aber offensichtlich nicht genug.
Der große Brocken wurde noch nicht in Angriff genommen. Jetzt sind die Fans an der Reihe, und zwar die organisierten und unorganisierten. Man könnte beispielsweise das große „Tradition stirbt nie!“ an der Südkurve überpinseln, da man sich bewusst ist, dass in den nächsten Jahren der Leitspruch des Vereins eher lauten muss „CFC – Schädliche Traditionen überwinden.“
Der Aufschrei wird groß, jedoch aushaltbar. Und wichtig ist dabei eben auch, dass man starken Willen zeigt und dabei von Politik, Gesellschaft, Verwaltung, Wirtschaft und auch anderen Vereinen unterstützt wird.
Maßnahme 2: Auflösen der Fanclubs
Das wird schmerzhaft, denn hier tötet man wirklich Tradition, und wenn es nur auf dem Papier ist. Doch anders kommt man vielleicht nicht mehr aufs weiße Blatt Papier und zu neuen Bedingungen. Der Verein braucht die Fanclubs als verlängerten Arm, als Selbstreinigungskraft. Und das geht am besten wenn man diese registriert und nur unter folgenden Bedingungen ins Stadion lässt:
- Sie kommen nur mit vollständiger Namensliste rein
- Sie verpflichten sich, Verfehlungen zu melden
- Sie verpflichten sich, 50% der geschmückten Zaunsfläche auch bei Auswärtsspielen für Botschaften von Weltoffenheit und Toleranz zu nutzen
Wie sollen die dazu kommen? Ganz einfach: Wenn nur ein Mitglied ihres Fanclubs über die Strenge schlägt, bekommt der gesamte Club und die Einzelpersonen Hausverbot für die gesamte Saison. Nicht nur Stadionverbot, sondern kein Recht ein Grundstück zu betreten, auf dem der CFC das Hausrecht inne hat. Das betrifft also auch Jugendspiele, Feste und andere Zusammenkünfte. Dazu wird der gesamte Fanclub öffentlich geschasst. Das Ganze sollte man sogar auf Auswärtsspiele ausweiten, doch dazu später mehr. Bei der Regel sollte man sich auch gewiss sein, dass 3 Strikes zu viel wären. Hier muss möglichst Null-Toleranz gegenüber Intoleranz herrschen.
Natürlich werden sich auch viele Leute ohne Fanclub und nur lose organisiert ins Stadion bewegen. Aus dem Grund müssen die Fanclubs ja zum verlängerten Arm des Vereins werden, dort mit ein Auge offen halten. „Wir halten unsere Tribüne sauber!“ wäre da wohl ein passender Spruch. Und dazu sollte auch gelten: Kein Fanclub? Kein Banner!
Maßnahme 3: Die Gestaltung und das Auftreten im Stadion sollte Weltoffenheit und Toleranz widerspiegeln
Es muss ja nicht gleich eine ganze Tribüne in Regenbogenfarben sein, doch 50% der Breite mit positiven, menschenfreundlichen Botschaften zu schmücken, sollte doch nicht zu viel verlangt sein. Diese Quote schafft dazu zweierlei, denn nicht nur die Selbstreinigung des CFC wird gefördert, sondern auch das Außenbild. So kann man mit Fug und Recht behaupten, dass mindestens 50% des Stadions für andere Werte einstehen als eine Nazi-Minderheit. Das ist natürlich etwas getrickst, doch sei es drum. Die Sponsoren wird es wohl auch freuen. Und Familien und Menschen die Angst vor einem rechten Mob haben, sammeln sich doch lieber in einem Block hinter oder vor einem Regenbogen.
Dazu sollten passende Choreografien und klare Bekenntnisse im Stadion an der Tagesordnung sein. Als Beispiel kann man hier Jena nennen. Dort hat man ebenfalls eine Entnazifizierung vollzogen. Auf Gesänge aus den Rängen des gegnerischen Vereins „Juden-Jena! Juden-Jena!“ spannte man einfach über den Großteil des Blockes eine große Israel-Flagge als klares Zeichen gegen Antisemitismus. Sicher blieb das nicht ohne Anti-Zionistischen Backlash, doch besser so in der Presse und mit Selbstachtung im Fanblock als solches Verhalten zu tolerieren.
Maßnahme 4: Angemessene Ehrung der guten Leute
Wer sich offen gegen die Nazis stellt, jedes Spiel wieder ein Banner mitbringt, welches ihnen widerspricht oder sie einfach nachm großen Bierdurst aus voller Kehle anbrüllt, wenn sie wagen so etwas wie Affenlaute von sich zu geben, hat eine Auszeichnung verdient. Dafür kann man 5 Minuten vor dem Spiel reservieren, das kann man auf Veranstaltungen außerhalb des Stadions machen. Aber man muss signalisieren, dass man diese Personen hegt, pflegt und schützt, wenn es hart auf hart kommt. Sie müssen stolz in der Öffentlichkeit ihr Gesicht zeigen können, und die Vereinsspitzen und Spieler ihnen auch einmal etwas Platz vor der Pressekamera einräumen, wenn sie gewillt sind das zu tun.
Maßnahme 5: Wie man diese Personen hegt, pflegt und richtig schützt
Security und der CFC sind so ein Thema. Selbst nach dem Haller-Desaster 2019 stehen noch immer die Mitarbeiter seiner Firmen, die teilweise sogar den gleichen Nachnamen tragen, an den Stadiontoren. Das muss aufhören. Die Security gehört noch besser durchleuchtet und ausgesiebt. Im Zweifel muss sich noch eine CFC Stadionsicherheits GmbH gründen, damit der Verein dort die Verantwortung wirklich übernehmen kann und nicht alles auf Unterauftragnehmer vom Unterauftragnehmer und ausbleibende Warnmeldungen vom (schlecht arbeitenden) Verfassungsschutz abschiebt. Wenn ich die Pappenheimer kenne, kennt der Verein sie auch. Hier wird definitiv ein Auge zugedrückt.
Dazu hatten wir kürzlich eine Fanfeier zum Sachsenpokalspiel. Die Fans hielten sich durch Corona-bedingtes Geisterspiel auf dem Gelände auf und gröhlten von dort aus mit. Machten eine unmögliche Atmosphäre für Anwohnende und Menschen die pandemiebedingt vorsichtig unterwegs waren. Und was macht der Verein? Er honorierte das Zusammenrotten und Feiern noch mit seiner Anwesenheit und gemeinsamem Singen und Tanzen nach dem Spiel. Idioten honoriert man nicht und heizt sie auch nicht noch an, wenn sie auf dem eigenen Gelände jeden gesunden Menschenverstand vermissen lassen.
Die Sicherheitspartnerschaft mit Ordnungsamt und Polizei spielt dabei auch eine Rolle. Der CFC darf sich nicht zu fein sein zu sagen: „Da stehen Idioten, welche die geltenden Regeln unseres Zusammenlebens missachten, schafft die da weg.“ Und das gilt nicht nur, wenn gerade Pandemie ist und man Hausrecht hat.
Maßnahme 6: Selbstorganisation der Anfahrt zu Auswärtsspielen
Das mit den 50% positiver Werbung am Zaun und nem guten Außenbild wird immer wieder bei einem Auswärtsspiel konterkariert? Natürlich suchen sich die Nazis Räume, in denen die harte Hand nicht durchgreifen kann. Das heißt man muss dort mehr organisieren. Am besten man besetzt alle Gästekontingente mit eigenen Fanclubs (die man nach Maßnahme 2 ja hoffentlich auf der eigenen Seite hat) oder organisiert die Anreisen selbst. Außerdem sollte man mit dem Gastgeber sprechen, was man gemeinsam tun kann, damit es nicht zum neuen Desaster kommt oder um über die Grenzen der Sportvereinfans hinweg ein Zeichen zu setzen.
Wenn der CFC an jedem Ort, wo er auftritt, eine positive Botschaft mitbringt, entfaltet das auch eine Wirkung. Genau das hat man übrigens in Most auch probiert. Dort wurden Spenden an die Opfer des Tornados übergeben. Wenn die Ultras und der Fanszene e.V. dort allerdings gute Miene machen und dann über ihrem Banner homophobe und transphobe Sprüche im Stadion tolerieren, macht das jedes gute Ansinnen kaputt.
Maßnahme 7: Schutzräume konsequent aufdecken, veröffentlichen, abstrafen
Wir hatten vorhin schon die Fanclubs, die bei Fehlverhalten eins auf den Deckel kriegen. Das gleiche muss jedoch auch für die Orte gelten, an denen sich die Nazis versammeln. Das heißt die Bars, Kneipen, Clubs und Händler, die diesen Menschen ein Obdach bieten, müssen vom CFC gefunden, veröffentlicht und als unvereinbar mit der Vereinsarbeit und mit dem Verein gebrandmarkt werden.
Das betrifft auch jede Gelegenheit bei der Jemand behauptet, dass man etwas für den Verein tut, etwas organisiert oder sich mit dem Verein solidarisiert. Wenn sich jemand mit dem CFC assoziiert, gehört diese Person und Institution durchleuchtet und eine offizielle Erlaubnis eingeholt. Der Verein muss wissen und unter Kontrolle haben, wenn er für Anliegen von Dritten genutzt wird.
Maßnahme 8: Rat für sportliche Fairness
Das betrachte ich eher als optional, da ich es für schwierig halte dies in einem Verein umzusetzen, der schon mit einzelnen Fanbeauftragten immer wieder Probleme hat. Aber ein Rat im Verein, welcher die Sicherstellung und Nachjustierung dieser Maßnahmen auch über die Amtszeit des Vorstandes hinweg überwacht und aus Fachpersonal aus Sozialarbeit, Gleichstellungsarbeit, Demokratiearbeit und Sport besteht, würde dem Ganzen sicherlich nicht schaden.