Chemnitzer Porphyrtuff

Selten regt mich etwas in Sachen Politik mehr auf, als dass man Geld in Dinge steckt, die keinen Wert für die Gesellschaft haben. Doch vielleicht bin nur ich es, der ihn nicht sehen kann. Reden wir über Denkmalschutz, Millionenbeträge und Geschmack.

Der Chemnitzer Porphyr, oder genauer gesagt Porphyrtuff, ist ein Vulkanit. Also ein durch Vulkanaktivität und folgender, sehr schneller Abkühlung entstandener Stein. In Chemnitz fand man ihn vor allem auf dem Beutenberg im Zeisigwald. Nun ist so ein Stein ja nützlich. Man macht aus ihm Grundmauer, Pflastersteine, Gehwegplatten und auch dekorative Objekte oder sogar Kunst.

Im Bauboom des späten 19. bis Mitte des 20. Jahrunderts war es gut, dass der Stein direkt da in dem Berg so herum lag. So fand er schnell Verwendung in allerlei städtischer Architektur. Nur nicht in der Architektur, die schön sein sollte. Warum? Weil er kein besonders hübscher Stein war. Der Chemnitzer Porphyrtuff ist fleckig und hat ein Farbsprektrum von Beige, Rosa, Braun und Grau. Er erinnert fast schon an kranke Haut.

Chemnitzer Porphyrtuff – Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von Naturstein Online

Selbst der Chemnitzer Designer und Künstler, welcher maßgeblich die städtische Architektur und Technik der DDR prägte, Karl Clauss Dietel, färbte den Beton, welcher die Chemnitzer Stadthalle, das Terminal 3 und inzwischen auch das Carlowitz-Congress-Center ziert, nicht etwa in den Farben des Chemnitzer Porphyrtuffs, sondern lieber in den Farben des elegant gemusterten, rot-braunen Rochlitzer Porphyrtuffs. Den findet man auch in vielen Kunst- und Kulturdenkmälern der Stadt.

Rochlitzer Porphyrplatten in Ankermontage – Lysippos CC BY-SA 3.0

Der Chemnitzer Porphyr fristet also ein Dasein als Fußabtreter im wahrsten Sinne des Wortes. Als Zweckstein. Als notwendiger Baustoff der in rauen Mengen verfügbar war, bis Beton seinen großen Durchbruch hatte. Wie viel ist uns die Industrie um diesen Stein also für die Zukunft wert? Heute sind Natursteine vor allem verbunden mit zweifelhaften und zu kontrollierenden Lieferketten, was vermutlich auch daran liegt, weil der heimische Stein nicht mehr billiger und in Massen verfügbar ist. Der sogenannte Investorenbau ist heute Beton mit verputzter Fassade.

Kommen wir zum Kern der Überlegung. In Chemnitz gibt es wenig bis gar kein Denkmal aus oder für den Chemnitzer Porphyr. Eines der wenigen sind die schwer sanierungsbedürftigen Teufelbrücken. Sie erzählen aber keine Geschichte. Sie sind einfach da. Als mysteriöses und auch bei jungen Menschen beliebtes Rotten Place, also als verrotteter Ort. Würde man nun einen für die Sanierung notwendigen 6 bis 7 stelligen Betrag in dieses Denkmal investieren – und ja, so viel würde es kosten – was wäre da für den Chemnitzer Porphyrtuff oder die Industriegeschichte gewonnen?

Teufelsbrücken – Lord van Tasm CC BY-SA 3.0

Einerseits wären die Teufelsbrücken nicht mehr so charmant verrottet. Und sie sind definitiv ein Hingucker mit high instagramability. Frei zugängliche Orte wie Diese sind selten. Auch der Wald als Ausflugsziel gewinnt natürlich Attraktivität.

Andererseits wäre das Denkmal wohl so lange gesichert, bis die Wurzeln des Zeisigwaldes wieder die Steine aus dem porösen Mauerwerk heraus drücken. Und am Ende sind die Brücken ja eher ein Zeugnis als ein Denkmal. Sie sind einfach da, weil sie für den Abtransport des Gesteins als Provisorium notwendig waren.

In dieser laufenden Haushaltsdebatte wäre dieser notwendige, finanzielle Beitrag Gold wert, doch er steht nicht zur Verfügung. Landesmittel für Denkmalpflege sind zwar im weitesten Sinne auch Steuergeld, aber wir können es eh nicht anders vor Ort einsetzen. Also zerbreche ich mir hier sinnlos den Kopf? Vielleicht ist dieses Denkmal für die Industrie zum Abbau des Underdogs der Baustoffe, von diesem Chemnitz unter den Gesteinen, das noch nicht einmal die Chemnitzer*innen mochten, zu Recht zum schützenswerten Kulturobjekt erhoben?