Da ich am Wochenende wieder zum Bundesparteitag fahre, wollte ich mal aufarbeiten, wie voraussichtlich mein Abstimmungsverhalten aussehen würde, wenn es vor Ort keine erhellende Diskussion gäbe. Das Format teste ich erst einmal mit den Wahlprogrammanträgen. Dafür probiere ich gleich mal eine neue WP-Funktion aus, damit ihr nicht unnötig mit dem Lesen der Anträge beschäftigt werdet :P
WP001 - Eröffnung des Europawahlprogramms 2019
Antragstext:
Der Bundesparteitag möge beschließen, das Eurpawahlprogramm 2014 zu schließen und das Europawahlprogramm 2019 zu eröffnen.
Begründung:
Der Antrag entspricht dem Antrag von Andi Popp für den Bundesparteitag in Offenbach 2011 bzw. den Anträgen vom BPT 16.1 und BPT16.2 von H3rmi für die Bundestagswahlprogramme und ermöglicht ab dem Zeitpunkt, an dem der Bundesparteitag ihn beschließt, die Stellung von Wahlprogammanträgen für das Europawahlprogramm 2019. Seinerzeit wurde durch Andis Antrag das Bundestagswahlprogramm 2009 ad acta gelegt und das Programm für die Bundestagswahl 2013 eröffnet. Unsere Programme sind regelmäßig inkonsistent, enthalten Dopplungen und/oder Widersprüche gegen das Grundsatzprogramm oder andere Wahlprogramme. Das Europawahlprogramm wurde zudem in einer Zeit verfasst, in der Meinungsbilder das Programm beeinflussten, die aktuell evtl. so nicht mehr in der Partei zu finden sind. Zudem hat sich Europa und die Welt seit 2014 erheblich verändert. Daher sollten wir das Programm zum jetzigen Zeitpunkt schließen und von Grund auf neu erstellen. Das bedeutet nicht, dass bestehende Punkte nicht einfach wieder übernommen werden können. Allerdings sollte vor der Übernahme der Text auf Aktualität, inhaltliche Konsistenz zu anderen Programmen sowie Sprache und Stil geprüft und ggf. überarbeitet werden. Bis zur Europawahl verbleiben uns jetzt noch anderthalb Jahre und drei Parteitage. Ausreichend Zeit, um ein tolles, neues Programm zusammenzustellen. Deshalb Deckel drauf aufs alte Programm und neu anfangen.
Also ich würde dem Antrag zustimmen. Vor allem da es mein Wunsch wäre, dass es ein gemeinsames, europäisches Wahlprogramm mit den anderen Piratenparteien gibt. Dann könnte man auch die Arbeit in den Themenbereichen untereinander verteilen.
WP004 - Eröffnung des Europawahlprogramms 2019
Antragstext:
Der Bundesparteitag möge beschließen: 1. Das Europawahlprogramm 2014 in seiner bestehenden Form wird fortgeschrieben.
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7. — Begründung:
Aus der Überabeitung des Programms zur BTW17 ist bekannt, dass es sinnvoll ist, auf einem überarbeiteten Programm aufzubauen. Diese Erkenntnis sollte nicht ungenutzt bleiben.
Antrag WP001 nennt das Programm zur EUW14 lediglich in seiner Begründung, die nicht Beschlusstext ist, als möglichen Ausgangspunkt.
Anders als im Vorfeld der Beschlussfassung zum Programm der EUW14 gibt es heute nur noch wenige operative Arbeitsgruppen, die neue Inhalte formulieren könnten.
Ob wir wirklich drei Parteitage haben um Programm zu beschließen oder ob vielleicht ein Termin ausschließlich für die Aufstellung der Europaliste benötigt wird, ist zudem noch nicht absehbar
Moment, wie ist denn das jetzt passiert? WP004 nach 001 und der gleiche Titel? Ja, die beiden konkurrieren. In der 1 geht es um neues Programm, die 4 möchte gern das alte fortschreiben. Und da die beiden konkurrieren, kann ich noch nicht sagen ob ich Variante 2 zustimme. Ich würde es tun, wenn er aus der Stichwahl als Gewinner hervor geht. Bei der Stichwahl finde ich aber Variante 1 schöner.
WP002 - Refinanzierung von Pflegeleistungen – Pflegesolidaritätszuschlag - Auflösung des Vorsorgefonds
Antragstext:
Im Europawahlprogramm der Piratenpartei soll die Forderung aufgenommen werden, dass der Solidaritätsbeitrag sukzessive in einen Pflegesolidaritätszuschlag umgewandelt wird. Wir fordern die Umwandlung des Solidaritätsbeitrag in einen zeitlich befristeten Pflegesolidaritätszuschlag bis 2060. Gleichzeitig fordern wir die Auflösung des sogenannten Pflegevorsorgefonds, um die bereits bestehenden Personaldefizite in den Pflegeberufen, speziell in Krankenhäusern und Pflegeheimen von zurzeit ca. 15% mittel- und langfristig zu kompensieren sowie den demografisch bedingten Mehrbedarf an Fachkräften refinanzieren zu können.
Begründung:
Die demografische Entwicklung in Deutschland mündet ein in eine historisch absehbare Entwicklung, die in den nächsten Jahrzehnten dazu führen wird, dass deutlich mehr Ausgaben für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Bevölkerung vonnöten sind als je zuvor. Diese Entwicklung fordert die Piratenpartei, die sich einem solidarischen Denken verpflichtet fühlt, in besonderer Weise heraus. Darüber hinaus steuert unser Land im Pflegebereich auf eine Katastrophe zu, wenn es nicht gelingt, das für die pflegerische und medizinische Versorgung notwendige Personal zu gewinnen und bezahlen zu können. Man stelle sich zum Beispiel eine Pandemie mit Ebola vor. Der Fachkräftemangel schlägt in besonderer Weise in den Pflegeberufen zu. Die Pflegeberufe stehen hinsichtlich der ihnen übertragenen Verantwortung in einem Missverhältnis im Hinblick auf die Löhne zu anderen Fachberufen und verlieren dadurch zusätzlich an Attraktivität.
Maler und Lackierer sowie Automechatroniker verdienen mehr. Die Folge es will keiner in der Pflege arbeiten.
Um die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern und gleichzeitig die mit dem Mehrbedarf an professionell Pflegenden erforderlichen Personalstellen refinanzieren zu können, sind bis zum Abebben der demografischen Schieflage zusätzliche Refinanzierungskonzepte erforderlich, die sowohl dem bereits begonnenen Pflegenotstand als auch der unzureichenden Finanzierung der absehbar zunehmenden und notwendigen Leistungen entgegenwirken können.
Pflegende und von Pflege Betroffene brauchen Rahmenbedingungen unter denen eine menschenwürdige Pflege im Sinne der Charta der Rechte für hilfe- und pflegebedürftigen Menschen und nach § 1 im Grundgesetz möglich ist. Es sollte selbstverständlich sein, dass Altwerden auch bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit, unabhängig vom Vermögen, selbstbestimmt und in Würde möglich ist. Menschenwürdige Pflege hat ihren Preis und jeder kann von Pflege betroffen werden. Daher haben wir als einzelne und als Gesellschaft ein Interesse daran, dass die erforderlichen Pflegeleistungen bezahlbar sind und niemand, der pflegebedürftig wird, sollte von notwendigen Leistungen ausgeschlossen werden.
Um die Ausgaben decken zu können, wenn Menschen die für die Pflege notwendigen Leistungen nicht (mehr) im Sinne des Subsidaritätsprinzips selbst aufbringen können, bedarf es eines deutlich höheren Solidarbeitrags als bisher. Die Politik ist daher herausgefordert, ein (Re)-Finanzierungskonzept für eine bedarfsgerechte Pflege sicher zu stellen, denn die bisherigen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus. Die private Vorsorge wird die vorhandenen Lücken der sich abzeichnenden gesellschaftlichen und demografischen Entwicklung nicht decken können.
Demografieabgabe Die Piratenpartei soll für eine Umwandlung des bisherigen Solidaritätsbeitrags in einen befristeten und zweckgebundenen Pflegesolidaritätszuschlag eintreten. Die Erlöse aus dieser Abgabe sollen die durch die demografische Entwicklung und im Rahmen der Singularisierung der Gesellschaft auftretenden Mehrbedarfe an Pflegeleistungen kompensieren, so dass es nicht zu einer ungebührlichen Erhöhung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung kommen muss. Darüber hinaus sollten aus dieser Abgabe im Sinne eines Solidaritätsprinzips die absehbaren Mehrbedarfe an Aufwendungen für die Integration von Zuwanderern und Flüchtlingen sowie die zusätzlich auf die Gesellschaft zukommenden Mehr-Ausgaben für medizinische und pflegerische Leistungen finanziert werden.
Auflösung des Pflegefonds Der Pflegefonds (ebenso wie der Pflege-Bahr) zur vorsorglichen Refinanzierung der durch die demografische Entwicklung (Baby-Boomer) erwarteten Mehrausgaben ist durchaus strittig, zumal er nicht vor möglichen Turbulenzen und Krisen auf dem Finanzmarkt geschützt ist. Auch die mit ihm verbundenen Ziele könnten durch die Umwandlung des Solidarbeitrags in einen befristeten (bis 2060) Pflegesolidaritätszuschlag erreicht werden. Unstrittig ist, dass die professionelle Pflege in fast allen Bereichen deutlich unterfinanziert ist, da unter anderem nicht genügend Personalstellen über das bisherige Verfahren der über die Pflegeselbstverwaltungen festgelegten Personalschlüssel und die ausgehandelten Pflegesätze mit zum Teil skandalösen Zuständen aufgrund der prekären Rahmenbedingungen refinanziert sind. Und hier sind die Mindestpflegepersonalschlüssel der schlechteste Weg. Die Gelder, die derzeit durch den Pflegefonds dem Zugriff entzogen sind, werden allerdings dringlichst und schon jetzt benötigt, um die Pflegerahmenbedingungen in Deutschland derart zu verbessern, dass sie auch im internationalen Vergleich nicht weiter den Vergleich scheuen müssen und eine menschenwürdige Pflege garantieren können. Speziell im Bereich des § 43 XI sind deutliche Verbesserungen der Beiträge erforderlich. Die Notwendigkeit einer stationären Unterbringungsform darf nicht weiterhin stigmatisiert und diskreditiert werden.
Finde ich gut. Der Solidaritätszuschlag, nicht zu verwechseln mit dem Solidarpakt für den Aufbau Ost, welcher im Antrag zur Refinanzierung genutzt werden soll, zielt nur auf Besserverdiener. Genutzt wird er allerdings für alle anfallenden Aufgaben. Er ist also eine Art Steuer, nur mit anderem Namen. Ihn in eine zweckgebundene Abgabe umzuwandeln gefällt mir daher ganz gut. Auch die Auflösung des Vorsorgefonds finde ich gut, da unser Lebensstandard im Alter meiner Meinung nach nicht noch Konjunkturabhängiger sein sollte, als er so schon ist.
WP003 - Altlast aus Punkt Notfallmedizin streichen
Antragstext:
Der Bundesparteitag möge beschließen: Im Programm zur Bundestagswahl im Abschnitt Gesundheitspolitik soll im Punkt 13.10 „Notfallmedizin“ folgender Satz ersatzlos gestrichen werden: „Um nach Eintreffen des Rettungsdienstes jeder Patientin und jedem Patienten unabhängig von seinem Aufenthaltsort eine bestmögliche Erstversorgung zu gewährleisten, setzen wir uns für bundeseinheitliche Mindeststandards in der Ausstattung von Rettungswagen ein.“
Begründung:
Seit 2013 fordert das Wahlprogramm Mindeststandards für RTWs. Es gibt seit 2014 mit der DIN EN ISO 1789:2014 eine verbindliche Norm, die genau das umsetzt. In der Fassung von 2000 war dies noch nicht enthalten, also hatte 2013 die Forderung ihre Berechtigung, kann aber jetzt rückstandsfrei weg. Leider fiel dies erst nach Verabschiedung des Programms zur BTW 2017 im Rahmen des Lektorats zu einem Artikel zum Tag der Ersten Hilfe auf.
Hier geht es darum, eine Altlast aus dem Programm zu schreiben, die überholt wurde. Sollte eigentlich eine Kommission machen, hat aber wohl etwas übersehen ;-)
WP005 - Für eine menschliche Pflege: Fachkräfte schützen
Antragstext:
Die Fachkraftquote in der Heimpersonalverordnung oder entsprechenden Regelungen auf Landesebene darf nicht abgesenkt werden. Der Begriff „Fachkraft“ in der Pflege soll gesetzlich geschützt und dem Begriff „Facharbeiter“ gleichgestellt werden. Analog zum „Facharbeiter“ sollen sich nur die Pflegekräfte „Fachkraft“ nennen dürfen, die eine entsprechend mehrjährige erfolgreiche Ausbildung auf Grundlage entsprechender Berufsgesetze oder Rechtsverordnungen beurkundet bekommen haben.
Begründung:
Die Fachkraftquote, die in der Heimpersonalverordnung oder den entsprechenden Rechtsverordnungen der Länder geregelt sind, ist politisch unter Beschuss. Verschiedene Interessensverbände, vor allem der Bundesverband privater Anbieter (BpA) fordern ihre Absenkung, weil zahlreiche Stellen unbesetzt seien. Dass zahlreiche Pflegende aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen ihren Beruf zumindest temporär aufgegeben und den Pflexit gewählt haben, wird dabei übersehen.
Ein Absenken der Fachkraftquote würde die prekären Rahmenbedingungen in der Pflege weiter verschlechtern. Ein weiterer Angriff auf die Fachkraftquote findet durch dubiose Fortbildungsanbieter statt, die Bildungsangebote machen, die wegen der geringen Inhalte höchstens zu Helfertätigkeiten qualifizieren, dies aber aufgrund einer rechtlichen Regelungslücke als Fachkraftausbildung verkaufen.[1][2] Niederschwellige Bildungsangebote können nicht die Qualität einer mehrjährigen Ausbildung ersetzen.
Finde ich gut. Zuletzt wollte unter anderem ein SPD-Kanzlerkandidat gern die Berufsbildung in der Pflege lockern, damit schneller Kräfte ausgebildet werden können. Das ist aber meines Erachtens nicht der Weg zu einer besseren Pflege. In anderen europäischen Ländern ist Pflegewissenschaft ein hochdekorierter Studiengang und es gibt auch viel bessere Bildungsstrukturen für Pflegeberufe. Lasst uns in der Anerkennung und Bezahlung anfangen und nicht entwerten!
WP006 - Gemeinsames europäisches Wahlprogramm
Antragstext:
Der Bundesparteitag möge beschließen, dass der Kern des Wahlprogramms zur Europawahl 2019 gemeinsam mit den anderen Piratenparteien in der EU ausgearbeitet wird, um ein europaweit einheitliches programmatisches Fundament sicher zu stellen.
Begründung:
Wir sind Teil einer internationalen Bewegung mit gemeinsamen Grundwerten. Entsprechend ist es nur konsequent, wenn wir ein in seinen wesentlichen Teilen identisches Wahlprogramm in allen Mitgliedsstaaten der EU haben. Das ist auch eine logische Fortsetzung unserer Forderung die europäische Integration bei gleichzeitiger Demokratisierung der EU voran zu treiben.
Da wir uns als internationale und europäische Partei verstehen, ist es nur logisch, dass wir als erste Partei überhaupt diesen staatenübergreifenden Schritt machen und gemeinsam ein europäisches Wahlprogramm anbieten, dass nicht nur die Interessen einzelner Staaten, sondern die aller Menschen in der EU vertritt.
Ja, perfekt. Genau das hab ich mir vorgestellt. Ich bin mal gespannt wie lang die Diskussion dazu wird und ob sich ein neuer Vorstand vorstellen kann, Verbindungen herzustellen.
So, das wars auch schon mit den Wahlprogrammanträgen. Der Parteitag wird sich vordergründig mit Vorstandswahlen, der Auswertung der Bundestagswahl und Diskussion über die Ausrichtung beschäftigen. Es gibt auch ein paar mehr Satzungs- und Sonstige Anträge als Programm.