Vor kurzem hat sich im Rathaus eine Koalition aus Linken, SPD und Grünen gebildet (Reihenfolge nach Fraktionsgröße). Ziel der Gruppierung sei das Schaffen von Mehrheiten und Verfolgen gemeinsamer Ziele.
Doch wie wirkt sich das nun tatsächlich aus? Ich werde mal versuchen, ein paar Gedanken dazu auf virtuelles Papier zu bringen.
So ein Stadtrat hat es, wenn es um den Haushalt geht, schon schwer. Die Leistung einer Fraktion bemisst man an der Zahl der guten Anträge. Diese wirklich fundiert stellen zu können, setzt aber voraus, das man auch die nötigen Informationen zusammen tragen kann. Diese ergeben sich viel öfter aus dem persönlichen Gespräch und noch nicht veröffentlichten Kalkulationen der Ämter für kommende Projekte als aus frei zugänglichen Informationsquellen.
Lädt das nicht zum Mauscheln ein? Ja, das tut es. Die Fraktion mit den besten Connections in die Verwaltung gewinnt sozusagen den Pot und irgendwie übt die Verwaltung darüber dann indirekt sogar Macht aus. Das Verhältnis an sich haben wir schon im Wahlkampf kritisiert. Die Verwaltung regiert, der Rat steuert nur etwas nach. Dieser Umstand hat jetzt auch am Rande etwas mit der Koalition zu tun, da die Verwaltungsspitze, unsere liebe OB, ja auch eine Stimme im Sinne der SPD zur Verfügung hat bzw. von ihr konsequenterweise natürlich hofiert werden muss.
Warum gibt es um so eine Mehrheitenbildung überhaupt Tamtam?
Bisher war unser Stadtrat ein, meiner Meinung nach, anschauliches Beispiel einer wabernden Masse wechselnder Mehrheiten. Zwänge, man mag es auch Fraktionsdisziplin nennen, maximal innerhalb von Fraktionen. Jeder Stadtrat wurde wegen seinem Abstimmverhalten einzeln böse angeguckt (anderes Thema). Allein auf Grund der deutlichen linken Mehrheit in unserer Stadt sollte man meinen, dass vielen, vor allem sozialen Anliegen, nicht viel im Wege steht. Dem ist auch so. Praktisch glaube ich nicht, das irgendein Anliegen anders ausgegangen wäre. Jetzt kommen wir zu meiner Meinung: Seien wir doch mal ehrlich. Eine Koalition ist hier doch vollkommen unnötig!
Frühere Zusammenarbeit wurde oftmals vom schwierigen Verhältnis der Linken und SPD überschattet. Mit dem Wechsel der Fraktionsspitze wurde dies nun „beigelegt“. Das machte die Sitzungen für den Zuschauer witziger, da sich politische Entscheidungen aller Ebenen um die Ohren geworfen wurden. Nun legt man diese Differenzen erst einmal weg um … ja um was …
Um wie im großen Parlament, die Regierung zu stellen.
Richtig gelesen. Eigentlich gibt es auf unserer Entscheidungsebene eine Trennung zwischen dem Rat und der Verwaltung in diesem Bereich. Es gibt keine „gewählte Regierung“. Alle paar Jubeljahre steht aber die Wahl der Bürgermeister unter Frau Ludwig an. Diese wichtigen Köpfe über den Dezernaten sind für die Entwicklung so entscheidend wie der Minister auf höherer Ebene. Jetzt noch einmal einen kurzen Blick auf Abschnitt 2 werfen. Die Kontakte in die Ämter sind das A und O für die politische Arbeit. Man will daher gute Leute besetzen die möglichst im eigenen Sinne arbeiten um die Wirkungskraft, man könnte es auch Macht nennen, zu erweitern. Meiner bescheidenen Auffassung und Erfahrung nach entwickeln die Bürgermeister sowieso ein Beamten-Eigenleben, sodass die Macht dann eher wieder dahin statt in den Rat wandert. Ihre Amtszeit, die länger als die des Rates ist, spricht auch eher dafür. Ich bin auf jeden Fall auf die Kandidaten gespannt.
Gibt es noch mehr?
Die Wirkung der Koalition in der Haushaltssitzung am Mittwoch ist gelinde gesagt einfach gute Absprache. Man hat 32 Räte die gemeinsame Anliegen überprüfen und durchsprechen und dazu vermutlich noch die OB mit am Tisch sitzen. Dadurch kommt meist gutes Zeug bei raus. Im Gegenzug kümmert man sich aber nicht mehr ganz so um die Anliegen von Außerhalb. Vor allem eine antragsstarke Fraktion wie die CDU mit ihren ebenfalls 15 Räten, musste das leidlich spüren. Die Deckungsquellen der Koalition waren besser recherchiert und die Summen für bestimmte Beträge mit der Verwaltung und anderen Akteuren exakt und ohne zugedrücktes Auge ausgehandelt. Viele Anträge zerschellten dadurch, die man vielleicht sonst fraktionsübergreifend besprochen hätte. Uns traf dieses Vorgehen auch ein wenig, aber nicht unbedingt schmerzlich. Die CDU ließ dann schon Begriffe wie „Zauber-Deckungsquelle“ und abfällig „flotter Dreier“ fallen. Als getroffener Hund sollte man ja nicht still sein.
Ich würde mir ehrlich wieder weniger Lagerbildung wünschen und es ist kaum abzusehen wohin das noch führt. Zu Experimenten und mutigem Handeln führt es sicher kaum. Es wird dann halt meist der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Verwaltung und den 3 Fraktionen. Die rundgelutschte Variante eines Antrages angenommen. Ich lasse mich aber auch gern vom Gegenteil überzeugen.
LG Toni
Zusammenfassung der Anträge meiner Fraktion zur Haushaltssitzung